Squealer-Rocks.de Live-Review
Powerwolf und Chinchilla (03.04.2009, Headbangers Night VI, Nanzdietschweiler, Eric)

Ein Wort vorab zu den Veranstaltern der Headbangers Night VI: Genervt von der Tatsache, dass die Westpfalz mehr und mehr zu einem weißen Fleck auf der Metal-Landkarte verkommt, schlossen sich die wackeren Verfechter des guten Geschmacks vor Jahren als „Metalheads Remigiusland“ zusammen. Sie beließen es allerdings nicht bei regelmäßigen Treffen, Fachsimpeleien über den Metal und alles, was Metal ist und dem Genuss saarländischen Gerstensaftes: Sie beseitigten kurzerhand den weißen Fleck auf der Landkarte, indem sie das Heft selbst in die Hand nahmen und nunmehr seit Jahren das beschauliche Nanzdietschweiler für einen Abend im Jahr in Rock City verwandeln.



Vor so viel Mut, Idealismus und Tatkraft gilt es, die Kappe zu ziehen, was ich hiermit tue. Vielleicht sollte es ein Alarmsignal sein für unsere Szene, wenn die Veranstalter bei der Zusammenstellung des Billings für dieses Jahr zwar auf jede Menge interessierte Bands trafen, aber auch auf nicht weniger Manager, deren Forderungen mittlerweile auch bei weniger bekannten Combos Ausmaße annehmen, die selbst für eine Institution wie die Metalheads, bei denen Gewinnabsicht sicher nicht an erster Stelle steht, nicht mehr zu stemmen sind.

Sei's drum, umso höher ist es einzuschätzen, dass auch in diesem Jahr in Nanzdietschweiler keine Wünsche offen blieben. Im Gegenteil, vielleicht war's dann tatsächlich eine Band und damit des Guten zu viel, denn es ist eine verdammt lange Metal-Nacht in der örtlichen Halle. Vielleicht … vielleicht aber wird der Schreiberling dieser Zeilen auch langsam zu alt für unbestuhlte Veranstaltungen …

Wie auch immer, die saarländischen Maloik wagten einen Sprung über die nahe Grenze und übernahmen den undankbaren Job des Openers vor nur sehr spärlich gefüllter Halle. Und weiß Gott, diesen Job habe ich diverse Bands schon sehr viel schlechter erledigen sehen. Sozusagen taufrisch ist der Vierer, gegründet gerade mal Ende 2008 und daran gemessen eine erstaunlich routinierte Show abliefernd. Traditioneller Metal, irgendwo zwischen Priest und Maiden zuhause mit knackigen Riffs, die gerne auch mal einen Blick ins Speed- und Thrash-Land werfen sind die Markenzeichen von Maloik. Natürlich ist das Stageacting des Vierers mit zurückhaltend noch wohlwollend umschrieben, und Frontmann Jens Usner überzeugt weitaus mehr durch stimmliche Qualität denn durch Gepose, hin und wieder scheint er gar etwas verloren auf der Bühne. Absolut verständlich, bedenkt man, dass die Kapelle gerade mal seit ein paar Monaten existiert und vor allen zu vernachlässigen bei Songs wie „Otherworld“ oder „Threshold“. Mit dem Rage-Cover „Straight To Hell“ beenden die Saarländer ihr Set und werden mit deutlich mehr als Höflichkeitsapplaus von der Bühne verabschiedet. Völlig zurecht!

Mangelndes Stageacting kann man Palace aus Speyer nun wahrlich kaum vorwerfen. Größer könnte, zumindest was die Erfahrung angeht, der Unterschied zu Maloik auch kaum sein, veröffentlichte der vorderpfälzische Vierer seinen ersten Longplayer doch bereits 1996. Fünf Alben stehen mittlerweile auf der Haben-Seite plus eine Live-Scheibe, es ist also sicher nicht übertrieben, von Palace als einer Institution zu reden.

Dementsprechend selbstbewusst hauen die Männer um Frontmann Harald Piller ein knappes Dutzend Lehrstücke teutonischen Metal-Kulturgutes heraus, immer ordentlich auf die Zwölf in bester Tradition von Kapellen wie Accept, U.D.O. oder gerne auch Running Wild. Soll heißen: Midtempo-Stampfer mit heftigen, treibenden Riffs und eingängigen Refrains, Metal ganz im klassischen Sinne eben. Gitarrist Jason Mathias taxiert das Publikum derart bösartig, dass es einem in den vorderen Reihen Angst und Bange werden kann, während Piller das Heavy Metal-Handbuch für Frontmänner offenbar ganz genau studiert hat. Bleibt unter'm Strich ein gelungener Auftritt einer Kapelle, die mich mehr als einmal an Trancemission, ihre süpfälzischen Stammesbrüder, erinnert - und das ist nun tatsächlich als absolutes Lob zu verstehen.

Chinchilla, ich gestehe, gingen bislang weitestgehend an mir vorbei. Natürlich kennt man die Band, kennt den ein oder anderen Song, aber wirklich beschäftigt hatte ich mich mit dem schwäbischen Fünfer noch nicht, Schande über mein unwissendes Haupt. Die Ankündigung der Redaktionskollegen („geile Kapelle, großartiger Sänger“) ließen auf Großes hoffen, und selbst unter dieser Erwartungshaltung haben Chinchilla nicht enttäuscht. Der definitiv sympathischste Auftritt des Abends einer höchst authentisch und glaubwürdigen Power Metal-Kapelle mit einem bemerkenswerten Back-Katalog an Alben und großartigen Songs rockte die Halle von der ersten Sekunde an. Besonders erfreulich die Ankündigung eines neuen Albums noch in diesem Sommer, liegt der letzte Output „Take No Prisoners“ ja bereits einige Jahre zurück. Hält die Scheibe, was die zwei neuen Songs in der Setlist versprechen, kommt ein Brett auf uns zu!

Ansonsten boten die Männer um Frontmann Thomas Laasch einen Ausritt quer durch ihr bisheriges Schaffen, angeführt von Mr. Chinchilla persönlich, Udo Gerstenmeyer, mehr als einmal mit „Udo! Udo!“-Sprechchören gefeiert. Abwechslungsreiches und doch eingängiges Material, ein klasse Sound und ein Frontmann der Extraklasse, sowohl stimmlich als auch in Sachen Entertainment, machten die Schwaben zu den Gewinnern des Abends. Das sprichwörtliche Tüpfelchen auf dem ebenso sprichwörtlichen „i“ war eine arschgeile Cover-Version des Kiss-Smashers „I Stole Your Love“ - Toller Gig!

Ehrlich gesagt war ich skeptisch, ob Powerwolf diesem höchst gelungenen Auftritt noch einen drauf setzen würden, hatten Chinchilla das Publikum doch ordentlich in Bewegung gesetzt. Als der Fünfer allerdings die Bühne enterte, Frontmann Attila Dorn den Weihrauchkelch schwenkte und die ersten Töne von „We Take It From The Living“ ertönten war klar: Hier kommt der Headliner! Natürlich eignen sich die Powerwolf-Hymnen perfekt für die Live-Bühne. Nummern wie „Saturday Satan“ oder „Mr. Sinister“ gehen sofort in’s Ohr und sind musikalisch, mit Verlaub, nicht so anspruchsvoll, dass sie den Hörer überfordern würden. Und doch, es war erstaunlich, wie die Halle vom ersten Moment steil ging und die Stimmung keinen Moment nachließ. Ein perfektes Beispiel dafür, wie der berühmte Funke von der Band auf das Publikum überspringt und umgekehrt. Ausnahmslos jede Nummer wurde abgefeiert und lauthals mitgegröhlt, so dass der Fünfer auf der Bühne sichtbar Spaß an der ganzen Sache hatte. Erstaunlich, dass sogar der bislang noch nicht veröffentlichte Track „Raise Your Fist, Evangelist“ vom kommenden Album textsicher von den inbrünstigen Sangesgöttern in den ersten paar Reihen mitgegröhlt wurde.

Powerwolf sind im Grunde die perfekte Live-Band. Sie haben großartige Heavy Rock-Hymnen, sie haben die Präsenz auf der Bühne, das Augenzwinkern und eine mitreißende Spielfreude. Sie haben einen höchst unterhaltsamen Frontmann und das Beste: Sie stehen noch am Anfang einer Karriere, die sie nach ganz weit oben führen kann. Nach dem guten Album „Return In Bloodred“ und dem fantastischen Nachfolger „Lupus Dei“ wird nun das Make it or break it-Album „Bible Of The Dead“ beweisen, wie viel Nachhaltigkeit in der Kapelle steckt. Bis zum Beweis des Gegenteils jedenfalls bleiben Powerwolf für mich eine der überzeugendsten Live-Bands, die ich seit langer, langer Zeit gesehen habe. Wer enttäuscht ist vom letzten, halbgaren Lordi-Album – Powerwolf haben die gehypten Finnen längst abgehängt!

Aufgrund privater Umstände konnte ich mir den abschließenden Gig der Ruhrpott-Thrasher Contradiction leider nicht mehr ansehen, das Fazit fällt dennoch eindeutig aus: Für im Grunde lächerliche 12 Euronen 5 Bands an einem Abend, angeführt von einem fantastischen Headliner, ein glasklarer Sound, ohne dass ein durchdrehender Mixer die Halle durch Lautstärke in Schutt und Asche zu legen versuchte, zivile Preise an den Getränke- und Merchandisingständen (2 Euro für 'nen 0,4er Gerstensaft) und eine entspannte Party ohne wichtigtuerische Security-Kasper: Den Metalheads Remigiusland bleibt für einen tollen Abend zu danken in der Hoffnung, im nächsten Jahr wieder dabei sein zu dürfen! Besonderer Dank an dieser Stelle an Metallo für die tollen Bilder!



Setlist Maloik
RIP
Holy Law
Otherworld
Eternal Game
Threshold
Straight To Hell

Setlist Palace
High Speed World
Generation PSI Forces
The Last Waltz
The Honest And The Brave
Divine Intervention
Rock Soldiers
Bloodsuckers
The Healer
Rock The Nation
Women In Leather
Machine Evolution

Setlist Chinchilla
Our Destiny
Take No Prisoners
The Call
The Ripper
Thunderstorm
Queen Of The Rain
The Almighty Power
Entire World
Fight
When The Sand Darkens The Sun
Bloody Sacrifice
Father Forgive Me
I Stole Your Love
War Machine
Demons We Call

Setlist Powerwolf

We Take It From The Living
Prayer In The Dark
We Came To Take Your Souls
Raise Your Fist, Evangelist
Saturday Satan
In Blood We Trust
Vampires Don't Die
Mr. Sinister
Mother Mary Is A Bird Of Prey
Werewolfs Of Armenia
Kiss Of The Cobra King
Lupus Dei
Lucifer In Starlight