Squealer-Rocks.de Live-Review
Dirkschneider und Black Star Riders (30.07.2018, Seebronn, maddin)

Bereits zum 13. Mal öffnete in Seebronn der „Jurassic Park des Rock“ (Copyright: Klaus Eberhartinger von der EAV) seine Pforten und es war wie jedes Jahr super entspannt und ähnelt immer mehr einem Familientreffen. Allerdings hat man noch nie so viele kritische Stimmen gehört, wie es heuer der Fall war.

Und diese in einer Rückschau nicht zu benennen, würde an Verblendung grenzen. Sicher - darüber, dass die Headliner beim ROA auf ihren Solo Konzerten im besten Fall 2000 Leute ziehen (Dirkschneider), eher aber im dreistelligen Zuschauer - Bereich liegen, und das Ticket dennoch mit Camping und Auto 180 Taler kostet, ist schon grenwzwertig. Wohlgemerkt: Wir reden hier ausdrücklich NICHT von der Qualität der Bands. Es gibt genügend Kapellen, die nur 200 Leute ziehen, musikalisch aber besser als manche Mega Bands sind – das alte Thema eben.

Wir reden über das Preis / Leistungs Verhältnis. Der in Relation zu anderen Festivals hohe Eintrittspreis ist aufgrund der entspannten Situation auf dem Campground, dem Konzertgelände und der kurzen Wege noch hinnehmbar.
Was nicht mehr hinnehmbar ist, ist, dass sich trotz konstant steigender Preise an dem vorhandenen Standard nichts ändert.
Ein paar nebeneinander liegende Wasseranschlüsse mit eiskaltem Nass und Duschköpfen mit einem Wert von 1,70 Euro pro Stück aus dem Baumarkt als „Duschkabinen“ zu verkaufen ist schon ziemlich unverschämt. Und noch was: Wenn es schon diese Wasserleitung gibt, warum wird dort nicht ein Toilettenwagen mit WCs stationiert? Diese Dinger kosten echt kein Vermögen!

Warum ist es bei Außentemparaturen von 36 Grad auf einem Gelände, welches so wie gut wie keinen Schatten bietet, nicht gestattet, eine 0,5 Liter PET Flasche Mineralwasser mit aufs Geläande zu nehmen? „Aus Sicherheitsgründen“, so die offizielle Antwort! Wäre im gefüllten Zustand ein gefährliches Wurfgeschoss.
Nachvollziehbar, zumal das „'Rock Of Ages“ Publikum ja auch für seine Gewaltbereitschaft bekannt ist und der Campground nix anderes als ein Schlachtfeld für Hooligans ist. Nur blöd, dass die ganzen agressiven Besucher auf dem Konzertgelände Apfelschorle und Mineralwasser in genau diesen extrem gefährlichen Behältnissen kaufen können. Für 6,20 Euro!!! OK – auch nachvollziehbar! Schlieslich benutzt der gängige Randalemacher nur gefüllte PET Flaschen von Netto oder Lidl als Waffe - bei 6,20 bekommt selbst der schlimmste Gewaltverbrecher Bedenken!

Liebe Veranstalter, mit Verlaub: Merkt Ihr noch was???

(Könnte jetzt noch einen Absatz über die tolle Pfandmarken Regelung incl. dieser ominösen Pfandchips schreiben, bei deren Rechen - Prinzip selbst das ---stets freundliche und fleissige - Personal an den Verpflegungsstationen überfordert ist –lasse es aber besser; die Blutdrucktabletten werden knapp.....).

So, kommen wir zum Wesentlichen und Erfreulichen:
Als erste Band gingen die Lokalmatadore von Noplies bei Gluthitze auf die Bühne. Und besser kann man ein Festival nicht eröffnen.
Der tradionelle Heavy Metal der alteingesessenen Recken, den ich mal vorsichtig als eine Mischung aus Priest, Accept und Pretty Maids bezeichne, machte richtig Spaß.
Die Truppe präsentierte sich mega – spielfreudig (incl. „Gruppenhüpfen“) und extrem sympathisch.
Der Sound war nahezu perfekt, die Musikanten spielten tight und ein paar Songs mehr wären echt toll gewesen. Es war zu keiner Sekunde langweilig und es gab keinen schlechten Track.

Dann - schon um kurz vor 18 Uhr – kamen die Black Star Riders. OK – sich darüber aufzuregen, diese Band, die immerhin schon Headliner auf dem Rock Hard Festival war, so früh auftreten zu lassen, wäre müssig. Das wird an anderer Stelle genug getan....
Jedoch hat so gut wie JEDER Musikfreund nach dem Gig gesagt, dass die Truppe um Scott Gorham und Ricky Warwick der eigentliche Headliner am Freitag war.
Das sich die Black Star Riders mittlwerweile etabliert haben und nicht mehr nur als „Thin Lizzy 2“ gelten, hat die Band ihrer Glaubwürdigkeit und ihren wirklich starken Alben zu verdanken. Der Anteil der Lizzy Songs betrug ein Drittel des Gigs und das Grandiose dabei: Die eigenen Stücke fallen qualitativ gegenüber Kloppern der Marke „Waiting for an Alibi“ oder „Jailbreak“ nicht ab. Genau so und nicht anders würden Lizzy anno '18 klingen!
Man merkte von der ersten Sekunde, da stehen 5 Profis auf der Bühne und es war alles – wirklich alles!! --perfekt!
Natürlich hat es am meisten Spaß gemacht, Urgestein Scott Gorham in absolut bester Spiellaune zu erleben. Dazu kommt, dass Ricky Warwick eine absolut geile Frontsau ist und auch der Rest der Combo nicht nur genial musiziert, sondern auch in punkto Stimmung absolut ansteckend ist.
Zweitbeste Band des Festivals, was den Freitag und den Samstag betrifft.

Dann kam Pete Agnew mit Nazareth. Seitdem Carl Sentence dort das Mikro schwingt, schwimmt das alte Flaggschiff wieder obenauf. Natürlich: Ohne Dan McCafferty ist es nicht mehr die gleiche Band, aber der Ex – Persian Risk Sänger trifft wirklich JEDEN Ton, macht eine super Show und es gab sogar Damen im Publikum, die ihm eine „extrem erotische Ausstrahlung“ attestierten.....
Die Setlist hatte mit „Beggars Day“ und „Morning Dew“ sogar zwei Songs im Programm, die eher nicht partytauglich sind. Warum diese jedoch durch völlig überlange und unnötige Soli von Jim Murrison in die Langeweile abdriften mussen, kann ich nicht verstehen. Überhaupt Jim Murrison: Warum spielt er einen Klassiker wie „Razamanaz“ mit tiefer gestimmter Klampfe?
Dafür zeigte Bandgründer Pete Agnew, wie viel Spaß man auch mit 72 Jahren noch haben kann und bediente seinen Viersaiter wie immer höchst virtuos und hochkonzentriert.
Insgesamt ein guter Gig, aber man hat Naz schon besser gesehen.

Und dann: The Sweet!! Mein Gott!! So viel Ausdrücke für „bemitleidenswert“, „schlecht“, „amateurhaft“oder „was ist DAS denn??“ fallen mir selbst ohne Blutdrucktabletten nicht ein.
Einfach nur peinlich! Passt eher auf ein Strassenfest in Wanne – Eickel. Die ortsansässigen Pusteblumen aus dem Altersheim Röhlinghausen, die hätten ihren Spaß, den Versionen von eigentlich geilen Songs, die in unfassbar holprigen Versionen dargeboten wurden, ihre „Winkarme“ entgegen zu schwingen....

Der Freitags Headliner war dann eine Pink Floyd Coverband namens Echoes. Muss man mögen, ich mag's nicht......

Der Samstag begann so wie der Freitag endete: Grenzwertig! Die Supernova Plasmajets bestehen aus ein paar halbwegs talentierten Musikern und einer Sängerin, die mit Hilfe allerlei technischer Mittel eine ziemlich gute Stimme hat, sehr viel Wert auf ihr Äußeres legt, dies auch gerne zur Schau stellt und in so höchst unterhaltsamen Ansagen wie ...“mögt Ihr Dirkschneider.....mögt Ihr Fish...??“ ihren Intellekt offenbart.
Der Pseudo Glam Rock klang zudem noch echt Scheisse.

Und dann – ja dann wurde es echt grenzwerttig –zumindest stilistisch!
Lazuli kommen aus Frankreich und sind dort seit über 20 Jahren eine etablierte Progessive Rock Größe. Grundsätzlich unpassend in diesem Billing waren die mega – sympathischen Franzmänner der Überraschungssieger am Samstag. Ihre Mucke durchstreift quasi die ganze Bandbreite des Prog. Alte Genesis, Steven Wilson (natürlich), alte und neue Marillion lassen grüßen. Dazu garnieren die Herren ihr anspruchsvolles Menu mit orientalischen Klängen. Trotz der vielen ruhigen Momente entfachte die Truppe eine Energie, die teilweise unfassbar war und das Publikum wusste dies mit lauten „Zugabe“ - Rufen noch während der Umbaupause entsprechend zu honorieren.

Fozzy hauen nun in eine ganze andere Kerbe. Der Mix aus tradtionellem U.S. Arena Rock und modernen Vibes kam - für mich überraschend - verdammt gut an. Und das ein Wrestler wie Chris Jericho weiss, wie man SHOW buchstabiert, steht außer Frage. Respekt!

Bei Shakra wusste man im Vorfeld, was man bekommt: Rock'n'Roll aus der schönen Schweiz, qualitativ hochwertig. Eigentlich hinter Gotthard und den unkaputtbaren Krokus die Nummer drei aus der Alpenrepublik. Nach diesem Gig jedoch behaupte ich mal ganz frech, dass die Shakra Jungs ganz schwer auf dem Weg zur Silbermedaille sind. Klar, Krokus sind unangereifbar auf Platz Number one, aber zumindest live übertrumpfen die Burschen Leonie und seine Kolonne mittlerweile. Kurz gesprochen: Jeder Song ein Hit, profesionelle Spielfreude pur, da passte eigentlich alles!

Da hatten es die New Roses aus dem Münsterland, die stilistisch quasi den gleichen Weg beschreiten, natürlich schwer. Ja – und bei aller Sympathie für die Roses muss man objektiv festhalten, dass man hier echt einen Klassenunterschied gesehen hat.
Toller Gig, tolle Spielfreude, tolle Songs - aber nach Shakra leider hoffnungslos auf verlorenem Posten.

Über Geoff Tate wurde im Vorfeld viel diskutiert. Spielt er tatsächlich das komplette „Operation Mindcrime“ Album? Gerüchten zufolge soll seine Stimme komplett im Arsch sein. Ja und Nein! Heisst: Ja, er hat den kompletten Meilenstein gespielt ---und Nein, seine Stimme ist nicht im Arsch. Im Gegenteil! Ich bin kein Queensryche Fan, aber was der Herr hier nebst seiner Band geboten hat, lässt jeden Anhänger dieser Truppe vor Freude kaputt gehen. Die Stimme war exzellent! Bei „Revolution Calling“ wurde sofort klar, der Mann kann es noch! Die Band bestand selbsredend aus absoluten Könnern, der Sound auf dem Gelände war wieder mal hochgradig geil und Mr. Tate scheint zudem ein überaus sympathischer Zeitgenosse zu sein. Überhaupt nicht meine Musik, dennoch kann man nur 10 von 10 Punkten geben.

Und jetzt gibt es Null von zehn Punkten! Nicht für The Quireboys insgesamt, aber für Sänger und Mainman Spike. Das der Kerl gerne säuft ist bekannt und gehört auch zum Image der Band. Natürlich macht ihr bluesiger Hardrock nur mit Bier Spaß. Wenn der Bandchef und Sänger aber so besoffen ist, dass er bei den Ansagen schon lallt, über die Monitor Boxen stolpert und die Bandkollegen sichtlich sauer sind ob seines Zustands, dann ist das nicht mehr lustig. Dann ist das repektlos gegenüber dem Publikum!!! Fragt mal bei KISS, Maiden oder AC/DC nach! So etwas gehört sich einfach nicht! Deshalb kein Statement zur Musik.
Schade –viele Fans verloren dadurch.

Derek William Dick ist ein alter Bekannter beim Rock of Ages. Vor drei Jahren bot der Ex – Marillion Sänger das Album „Misplaced Album“ auf der Seebronner Bühne dar. Relativ leichte Kost. Dieses Jahr tauchte der Mann, den alle nur als Fish kennen, ganz tief in die progessiven Abgbründe seiner Ex – Band. „Clutching at Straws“, das mit Sicherheit anspruchsvollste und schwierigste Album seiner Karriere wurde live aufgeführt. Auf einem Festival, bei dem der Name „ROCK“ im Titel steht. Ich hätte im Vorfeld darauf gewettet, dass maximal 50 Leute vor der Bühne stehen. Wette verloren! Der „liebe schottische Opi“ hat absolut abgesahnt. Statt als Zugabe „Kayleigh“ oder „Lavender“ zu zocken, hat der Gute nie live darbebotene B – Seiten gespielt. Und dennoch wurde er von Tausenden abgefeiert! Grandios!!!

Und dann –ja dann!!! Dann kam UNSER Udo!!! Diesmal unter dem
Namen Dirkschneider unterwegs! Die Bühne eine Perfektion an Design, das Licht ebenso, der Sound schweinelaut, aber glasklar, seine Band - u.a. mit Stefan Kaufmann an der zweiten Gitarre - eine Truppe aus hochprofessionellen Musikanten und dann kam der „German Tank“ zu den Klängen des höchst ungewöhnlichen Openers „The Beast Inside“ auf die Bühne.
Ich kriege jetzt beim Schreiben noch 'ne Gänsehaut, echt!
„Uns Udo“ mega gut bei Stimme, und das war ja nur der Anfang.
Es folgte ein 120 – minütiges Accept Feuerwerk mit ein paar
Raritäten, die nicht nur mich zum Heulen brachten: „Aiming High“, „Russian Roulette“, „Another second to be“, „Bulletproof“.
Es gibt in der Regel an jedem Gig irgendwas zu meckern –hier nicht! 100 % --einfach perfekt!

Der Sonntag fällt in diesem Review aus. Wäre auch noch ein Thema, warum so viele Leute am Sonntag morgen abreisen. Dramaturgisch unklug, am dritten Festivaltag erst am späten Nachmittag zu beginnen. Dazu kommt, dass all die Leute, die eine längere Reise vor sich haben und früh weg müssen, ihren „Müllpfand“ nicht zurück bekommen, das dies erst ab 10 Uhr möglich ist.....
Wirklich extrem fanfreundlich....