Squealer-Rocks.de Live-Review
Foreigner (30.07.2010, Bochum, Zeche, maddin)

Kaum zu glauben, dass die Zeche trotz der Verlegung vom Ruhr Congress in den Club nicht ganz ausverkauft war. Gute 700 Leute verfolgten ohne Enge den einzigen Auftritt im Ruhrgebiet einer der wichtigsten Rock Bands ever. Eine Schande? Aber ja! In Anbetracht von „Lena - Land“ aber auch nicht weiter verwunderlich.

Kaum zu glauben, dass ich tatsächlich schon hunderte von Bands in dieser Lokalität sehen durfte, die über die exakt selbe Musikanlage wie Foreigner gespielt haben und nicht in der Lage waren, mit gerade mal drei Instrumenten den Saal halbwegs hörerfreundlich zu beschallen.
Die Ami - Legende bot neben zwei Gitarren, Bass, Drums , zwei Keyboards, Saxophon, Querflöte und natürlich Gesang noch fünfstimmige Backing Vocals auf und alles klang nicht wie auf CD. Es klang besser!

Kaum zu glauben, dass Foreigner jeden – wirklich jeden Ton! - live gespielt haben. Selbst den berühmten „Kanon“ in „Cold As Ice“ haben die Herren um Mick Jones live performt, dazu noch in einer unglaublich tollen Version. Beim psychedelischen „Starrider“ griff man nicht auf Keyboards zurück, sondern liess Tom Gimbel die Querflöte bearbeiten. Was für eine Liebe zum Detail - und das von einer AOR Band.
Die fetten Chöre bei „Juke Box Hero“ wurden in der Tat live besser umgesetzt als auf „4“.

Kaum zu glauben, dass beim famosen Opener „Double Vision“ meine vergilbten Flossen fast die einzigen waren, die klatschend den Song begrüßten. Hier und da waren ebenfalls ein paar Hände von versprengten Hardcore Fans zu sichten, ansonsten: Die Meute glotzte trotz exzellenter Performance wie eine Horde dämlicher Schafe und rührte sich nicht weiter.
Stattdessen fragte sich laut hörbar eine stattliche Anzahl des fachlich anscheinend wenig kompetenten Publikums, wo denn Lou Gramm wäre (kein Witz!).
Beim folgenden „Head Games“ erwachte die Herde um Shaun dann ein wenig und machte sogar – im Rahmen, natürlich! - etwas Stimmung.
Es bedurfte da schon des Evergreens „Cold As Ice“ um die Heidschnucken und Steinböcke aus ihrer Lethargie zu reissen, und auf einmal konnte sich ein nicht geringer Anteil der Meute erinnern, dass man sich auf einem Rock Konzert befindet.
Foreigner erkannten dies sehr schnell und legten „Waiting For a Girl Like You“ nach. Und siehe da: Es erbarmten sich tatsächlich die in Armee – Stärke vertretenen Hausfrauen und Sozialpädagogen mit Rotwein in Plastikbechern und gönnten der Truppe ein paar Mitsing – Parts.

Kaum zu glauben, dass das zunächst so arrogante Publikum nach und nach auftaute und der Uralt – Classic „Feels like the First Time“ zunächst peinlich rüberkam (als Sänger Kelly Hansen beim Singen der zweiten Strophe das Mikro in die Menge hielt, sangen genau zwei Leute mit, einer davon war ich), sich dann aber zu einem echten Höhepunkt entwickelte.
Von daher ist es noch überraschender, dass der „Dirty White Boy“ zum Matchwinner des Abends wurde. Komischerweise haben hier plötzlich alle mitgemacht.
Wenig überraschend war, logischerweise, der Stimmungspegel beim Finale. Als Mick Jones nach dem altbekannten Intro endlich „Urgent“ anstimmte, und Tom Gimbel das Sax ertönen liess, brachen alle Dämme.
Nach „Hot Blooded“ wollte dann eigentlich keiner mehr nach Hause.

Kaum zu glauben, aus welchen Top Profis Foreigner besteht. Mick Jones hat wirklich eine Mannschaft um sich geschart, die in der obersten Liga spielt.
Allen voran natürlich Sänger Kelly Hansen, der Lou Gramm nicht nur ersetzt – er ist schlicht und einfach besser!
Am Bass liefert Jeff Pilson (u.a. DIO, Dokken) eine Rock Show vom Allerfeinsten ab und (immer wieder) Tom Gimbel (u.a. Chicago) ist an Gitarre, Sax und Querflöte nicht nur ein Könner, sondern auch eine Rampensau vor dem Herrn.

Kaum zu glauben, dass nach genau 92 Minuten Schluss war. Vermisst hat man dennoch kaum etwas. Zwar fiel „Blue Morning, Blue Day“ dem Weichspüler „That was Yesterday“ zum Opfer, doch der wurde zumindest perfekt dargeboten.
Diese 92 Minuten waren jeden der 48 Euro Eintritt wert, auch wenn es wegen der Höhe des Salärs gegenteilige Stimmen gibt.
Doch sehen wir es mal realistisch: Lieber ein rundum perfektes Konzert für 48 Taler, als zweimal miesen Sound für 24 Euronen.
Den Foreigner Gig habe ich noch in 10 Jahren im Gedächtnis, an die ganzen mittelprächtigen Auftritte der Semi – Prominenz vom März kann ich mich jetzt schon nicht mehr erinnern....

So isses nun mal – man glaubt es kaum!

Setlist:
Double Vision
Headgames
Cold As Ice
Waiting For A Girl Like You
That was Yesterday
When it Comes To Love
Dirty White Boy
Starrider
Feels Like The First Time
Urgent
-Keyboardsolo-
-Drumsolo-
Juke Box Hero
-----------------------------------
I Want To Know What Love Is
Hot Blooded