Squealer-Rocks.de Live-Review
Callejon und War From A Harlots Mouth (19.12.2007, Karlsruhe, Die Stadmitte, Reaper)

Hatte ich mich die vergangenen Tage über die ungewöhnliche Wärme beschwert, so muss ich nun festhalten, dass die Kälte uns seit geraumer Zeit in ihren kalten Würgegriff genommen hat. Doch sollte dies kein Grund sein in dieser vorweihnachtlichen Zeit auf Konzerte zu verzichten, denn sind wir mal ehrlich, wegen der Indoorsaison lieben wir ihn, den Winter, denn er bringt einige interessante Bands quasi vor die Haustüre. So auch heute, denn Callejon, War Form A Harlots Mouth und Last One Dying machen auf ihrer Tour halt in Die Stadtmitte zu Karlsruhe.

Eröffnet wird der Abend von den beiden lokalen Bands Your Dying Fairytale und Rise From The Fallen, da ich jedoch erst gegen 21:15 Uhr aufgrund terminlicher Überschneidungen den Saal betrete, kann ich über die Resonanz zu den vom Stile her in das Billing des Abends passenden Bands nichts sagen.

Der Zeiger der Uhr bewegt sich auf halb zehn zu als dann die Kölner Truppe Last One Dying, die ich bereits auf der Talentstage des Summer Breeze bewundern durfte, die kleine, überschaubare Bühne betreten. Überschaubar trifft auch auf die Größe des Publikums und dessen Zuspruch zu, denn dieses drängt sich eher im hinteren Teil des Saals um die Biertheke zusammen, so dass vor der Bühne noch mehr als nur genügend Freiraum herrscht. Da helfen auch die wiederholten Aufforderungen von Fronter J.C. Hardes nichts, der das Publikum vor die Bühne zu holen versucht. Verständlich ist dies nicht, denn mit Hammerstücken der Marke „Far Away“ oder „Anthem Of The Lost“ und „My Own Machine“ von der aktuellen Demo ANTHEMS OF THE LOST verfügen die Fünf über hymnische Metalcore-Reißer, die das Blut umstandslos in Wallung und die Nackenmuskulatur durch variable Tempi und Rhythmuswechsel im Stile von Suidakra in Hochstimmung versetzen – am Posing kann es auch nicht gelegen haben.

Vielleicht wartet das Gros des Publikums auf die nachfolgenden Berliner von War From A Harlots Mouth, die trotz des kürzlich vollzogenen Sängerwechsels („Er hatte kaum Zeit die Songs zu lernen, weswegen er sie von CD gelernt hat.“) mit breiter Brust aufmarschieren. Merklich füllt sich der Bereich vor der Bühne mit Pogofreudigen, so dass WFAHM nicht so verlassen dastehen wie zuvor noch die Kölner. Dass dies, was die Jungs hier zelebrieren, kein gewöhnlicher Metal- oder Hardcore ist, das dürfte bereits nach dem unlängst erschienenen Album TRANSMETROPOLITAN bekannt sein. Wer sich unter der Bezeichnung Mathcore nichts vorstellen kann, der sollte sich unbedingt mal einige Stücke der Band wie den Titeltrack „Transmetropolitan“ des Albums anhören. Nicht straight und auf alle Fälle nicht gewöhnlich ist es, denn wo sonst paaren sich derart verschieden Stilelemente, um als Einheit dennoch unglaublich eingängig zu sein.
So tobt der Pogo und wild fliegen Fäuste und Beine. Zwischen den rasanten Liedern, nehmen sich die Jungs aber dennoch Zeit für einige sozialkritische Ansagen wie „Hört diese Musik nicht, weil es euer Freundeskreis schick findet, sondern, weil sie euch etwas bedeutet!“
Diese ernten jedoch nur mäßigen Beifall (vielleicht fühlten sich einige im Publikum angesprochen – aber hierzu später etwas).

Ein langer Tag nähert sich seinem Ende, doch noch steht eine Band in den Startlöchern, Callejon. Lange lassen sie sich Zeit mit den Umbauten auf der Bühne, um dann gegen 23:10 Uhr die Bühne zu entern. Mit Holzfällerhemd und irgendwie an eine gestauchte Miniaturausgabe von Rambo erinnernd springt und tobt Sänger Bastian Sobtzick über die Bühne und schreit, als ob es kein Morgen mehr gäbe. Hier gibt es keine Gefangenen, denn die Düsseldorfer mähen live mit ihrem Emocore alles nieder, was da kommen mag und dankbar geht der Pogomob darauf ein. Technisch längst nicht so aufwendig wie ihre Vorgänger aus Berlin und auch nicht so variabel wie ihre Nachbarstädter kloppen sie sich durch ihre Stücke. Von den deutschsprachigen Texten ist allerdings nichts zuhören, ob es am schlechten Monitorsound auf der Bühne gelegen haben mag, wer weiß.

Für alle Freunde diverser Metalcore Varianten ist dieses Package auf alle Fälle einen Besuch wert, da man dreimal Core auf sehr unterschiedliche Weise präsentiert bekommt.
Kommen wir aber nun zum Publikum – ich weiß, es hat nichts mit dem Konzert direkt zu tun und ich will auch niemandem auf die Füße treten, aber wenn der Alterschnitt nur schwerlich an 18 Jahren kratzt, man sich irgendwie uralt vorkommt und das Gefühl nicht loswird, dass hier die neusten Klamotten aus H&M und C&A spazieren getragen werden, dann ist man entweder selbst unwissentlich gealtert und fehl am Platz, oder aber das Publikum entspricht wirklich dem von WFAHM angesprochenen „Ich hör Metalcore, weil es meine Freunde schick finden“ Bild…