Squealer-Rocks.de Live-Review
Everfest und Argus (28.04.2006, Frankfurt, Die Halle, Jack)

Offenburg, Achern, Bühl, Baden-Baden, Rastatt, Karlsruhe, Bruchsal, Mannheim, Weinheim, Darmstadt, Frankfurt – was sich anhört wie eine Sightseeingtour durch Süd- und Mitteldeutschland, ist in Wirklichkeit, an diesem Freitag, dem 28. April des Jahres 2006, die Anreise des Schreibers dieser Zeilen zur Releaseparty der gottgleichen hessischen Chaostruppe Everfest in „Die Halle“ zu Frankfurt, genauer gesagt Frankfurt-Fechenheim. Grüß Gott Hessen!

Gut, das Bundesland Hessen mag über eine schöne Landschaft und tolles Städtchen namens Frankfurt verfügen, aber vor allen Dingen in Sachen "Übertreibung" mischen die Kameraden bundesweit ganz weit vorne mit. "Die Halle", unter solch einem Veranstaltungsort stellt man sich weiß was vor ... eine moderne, dem Namen entsprechende, Halle, aber das was hier in "Mainhatten" "Die Halle" geschimpft wird, kann allerhöchstens als Ironie aufgefasst werden. Wie finden, wenn in Stadt und Umgebung nirgends angeschrieben und keine Sau etwas damit anfangen kann ("Nein, das Konzert findet nicht in der Festhalle statt!")? Sollen wir in der Hoffnung "Die Halle" irgendwann zu finden eine Stunde lang quer durch Frankfurt-Fechenheim fahren? Warum denn nicht? Bis zum offiziellen Everfest-Konzertbeginn haben wir ja noch ein knappes Stündchen Zeit. Hilft im Endeffekt aber auch nichts... dann geht es halt am in etwa vermuteten Ort zu Fuß weiter. Was sagt denn die Homepage zur Findung seines "Schmuckkästchens"? "An der Straßenbahnstation "Gwinnerstraße" (das fehlende "e" ist nicht meine Schuld) sind's noch 300 Meter!" Die Richtung lässt man einfach mal außen vor - na super. Gott sei Dank gibt es eine Erfindung, die den Namen "Handy" trägt - sonst würden wir heute noch in Frankfurt und Umgebung herumfahren und -laufen. Vorbei geht es über eine Art Feldweg auf Kopfseinpflaster und tatsächlich da hängt ein kleines Schild "Die Halle". Fantastisch!

Warum ich das alles erzähle? Nun ja, die dreiköpfige Vorband Argus (von der ich gar nicht wusste, dass sie spielen) bekomme ich so nur herzlich wenig zu Gehör, zumal ich das Hauptprogramm, das die akustische Umsetzung ihrer Songs mit sich brachte, bereits komplett verpasst habe. Was soll's? Man muss es nehmen, wie es kommt und so bekomme ich nun mal "nur" den zweiten Block, bei dem die Gitarren wieder an den Strom angeschlossen werden, zu Gehör - für eine Grobzusammenfassung ihrer forschen Herangehensweise, bei der besonders der explosive Schlagzeuger auffällt, reicht es jedoch alle mal: Man nehme eine Wagenladung Böhse Onkelz, mischt darunter den guten Stephan Weidner als Sänger und durchmischt das Ganze mit den alten RIDE THE LIGHTNING Metallica; fertig ist ein partytaugliches Konzept, das für Stimmung sorgt - insbesondere die abschließende Metallica-Huldigung mit "Creeping Death".

Gegen 22:30 Uhr ist es aber Zeit für eine andere, weitaus essentiellere Huldigung: Everfest entern die Bühne und auf dem Plan des Fünfers steht das komplette, in meinem CD-Player nicht mehr wegzudenkende, Album RISING - Bangerherz, was willst du mehr? Die an und für sich gut gefüllte "Halle" (man muss dabei beachten, dass 50.000 Frankfurter sich zu dieser Zeit in Berlin aufhalten und ja die Anfahrt ... ich lass' es...) äußert sich mittels eines immensen Applauses, auch wenn sich die Bangeinlagen vor der Bühne in Grenzen halten.

Jetzt aber genug über die Rahmenbedingungen getratscht... lasst uns zur Messe übergehen. Mit einem kernigen Sound (von dem die Band mit Ausnahme von Drummer Florian Möller nur wenig mitbekommt) und den krachenden, von himmlischen - ach, sagen wir's doch, wie's ist - göttlichen Refrains bestimmten, Einsteigern "Here We Are" und "See Me Rising" stellt das Gruppetto von Beginn an klar, wo es die nächste Stunde langgeht. Von hinten gibt der eben schon angesprochene Schlagzeuger Florian Möller die Marschrichtung vor, die Saitenfraktion, um Holger Wenck, Rene Ritzmann (beide Gitarre) und Thorsten Baus (Bass), legt in entspannender oder bangender Pose die grandiose, metallisch-rockige Riffdosierung dazu und darüber thront und tönt Andy Sommer mit seiner engelsgleichen, melodischen Stimme.
Bis zu diesem Tag habe ich immer gedacht, so wie der Mann auf CD klingt, kann er live nicht abgehen, er kann - wenn er auch mal Textstellen abändert oder ganz weglässt wie beispielsweise die Judas Priest Verneigung in "Fire". Bei jeder anderen Band würde dieses (ich nenn's mal) eigenmächtige Sängerverwalten dazu führen, dass der Konzertbesucher sich fürchterlich drüber aufregt - nicht so bei Everfest und ihrem Andy, denn so wie die Mannen ihren verrockten Metal performen fällt das nicht einmal im Geringsten ins Gewicht.

Ein Highlight ist das ganze in einer guten Stunde durchgezockte Set, ich will dennoch mal die Überhighlights herauspicken. Da wären das von Pantera-Riffing geführte "Prophets Of Hate", das ebenso flinke und harte "Fire", mein Lieblingssong "Change", bei dem man nur mitsingen und -tanzen kann, der kurze Twisted Sister "We're Not Gonna Take It" Stimmungsmacher als Trotzreaktion auf ein kleines Drumsolo, sowie die zwei Mann (Thorsten Baus an der Klampfe, Andy Sommer am Mikro) Umsetzung der ergreifenden Ballade "I Want To Save You", mit der ich doch noch in den Genuss von etwas "Unplugged" komme.
Mit einer neuen, alten, was auch immer Komposition (auf der Setliste stand zumindest mal "New One") beenden die fünf Hessen gegen Mitternacht ihr furioses Set... die Klamotten verschwitzt, ein unbeschreiblicher Durst, aber geil war es, verdammt geil sogar...

Zeit also für ein kleines Fazit: 500 Reisekilometer (Hin und Zurück) und eine unfreiwillige Rundfahrt durch Frankfurt, die sich letzten Endes aber auf alle Fälle gelohnt hat (zur Aftershowparty sage ich nur "kein Kommentar", grins). Everfest haben in der Halle, äh dem Kabuff, zu Frankfurt bewiesen, dass die saustarken Songs der RISING-Platte nicht nur im CD-Player, sondern auch on-stage perfekt funktionieren und die Leute mitreißen können. Laut Bandaussagen war die Performance dieses eher spontan geplanten und daher ungeprobten Gigs nur ein Bruchteil dessen zu was die fünf live im Stande sind... der Begriff, der über dem Wort "überirdisch" steht, muss dann erst noch erfunden werden ... mal sehen, ob ich den finde ... die 500 Kilometer und die Extrastadtrundfahrt nehmen wir so gerne wieder auf uns...


Setliste Everfest:
1. Here We Are
2. See Me Rising
3. Prophets Of Hate
4. Who Knows
5. Fire
6. Something To Believe
7. Breathe
8. Change
9. The Fall
10. New Crusader
11. I Want To Save You
12. New One