Squealer-Rocks.de CD-Review
BrainStorm (LET) - Four Shores

Genre: Pop/Rock
Review vom: 27.10.2006
Redakteur: Jack
Veröffentlichung: bereits veröffentlicht
Label:



Dem Verhalten in der Szene, auf den Triumphzug Lordis beim Grand Prix in Athen mit dem Smasher „Hard Rock Hallelujah“, nach könnte man glatt meinen, die Finnen wären der erste härtere Act auf Europas größtem Pop-Treffen gewesen. Dieser Annahme weht jedoch der raue Wind der Realität ins Gesicht. 2005 errangen die norwegischen Glam Rocker Wig Wam („In My Dreams“) bereits eine Top 10 Platzierung. Ja, und weitere fünf Jahre davor war es den lettischen Gemütlichkeitsrockern von BrainStorm (nicht verwechseln mit den schwäbischen Power Metallern) mit dem Song „My Star“ vorbestimmt aufs Treppchen zu steigen.

Zurück von diesem kleinen Exkurs der Eurovision Song Contest Geschichte: Mittlerweile gehören Renars Kaupers und Co. zum Exportschlager aus dem Baltikum schlechthin, so dass FOUR SHORES, die nunmehr 15. Veröffentlichung, deren lettischsprachiger „Zwilling“, ÈETRI KRASTI, im letzten Jahr das Licht der Welt erblickte, gar über Warner Music erscheint. Die zum Quartett zusammengeschrumpfte Band hat es also verdientermaßen geschafft, in der gesamteuropäischen Belletage anzukommen... und aus musikalischer Sicht kann man den Letten mehr als nur dankbar darüber sein, dass sie nach dem Tod ihres Bassisten Muminsh (R.I.P.), der im Mai 2004 bei einem Autounfall ums Leben kam, nicht die Flinte ins Korn geworfen haben. Live bedient Ingars Vilums den 4-Saiter, der Motor läuft wieder auf Hochtouren.

Diese PS-Leistung wird auch unumgänglich sein, wenn sich die west- und mitteleuropäischen Freunde des guten Geschmacks in großer Zahl auf die exzellenten Songs von FOUR SHORES stürzen wird... Songs, die da wären, das zwischen Herzhaftigkeit und Kälte watende „Thunder Without Rain“, das von vielen Spielereien (z.B. konfuse Geräuschkulissen und ins Ohr flüsternde Zweitstimmen) dominierte „Tin Drums“, das auf lange, einsame Autobahnfahrten übertragbare „Lonely Feeling (To Be Lonely)“ (paradoxerweise ist gerade dieses Stück dem verstorbenen Muminsh gewidmet), das auflockernde, für jedes Date oder andere Abende zu zweit brauchbare „One Thing“, das für sich stehende, im Mittelteil aus sich hinausgehende „Sunday Morning“, das jeden Abspann eines Dramas füllende Pianostück „French Cartoon“, das düster beat-poppige, Wolfsheim/Heppner artige „Digitally Bright“, das sexy eingängige „When Nightlife Covers The Daylight“, das bluesig und rhythmisch groovende „Sunrise (Deep In Hell)“ und das sphärisch-verträumte, einen Road Movie repräsentierende Finale „Leavin' To L.A.“.

Renars Kaupers‘ Gesang werden manche als etwas eigenartig bezeichnen, weil gewiss nicht gekünstelt und fabrikartig poliert, sondern natürlich – natürlich wie alles an BrainStorm und FOUR SHORES. Solch eine sich haltende bzw. sich festigende Bewegtheit, Ehrlichkeit und Zeitlosigkeit findet man im schnelllebigen Geschäft mit pop/rockigen Gruppen eigentlich nur noch bei U2, die gute zehn Jahre mehr auf dem Buckel als BrainStorm haben (ja, BrainStorm gibt es seit 1989!). Der Vierer schenkt uns den Sound für den Herbst: Traurig, gedämpft, nachdenklich, stellenweise auch verklemmt und nordisch unterkühlt, aber nicht ohne die Fünkchen von Hoffnung. Eigenschaften, die hervorragend vom großen akustischen und gut gewählten Piano/Keyboardeinsatz betont werden. Dass die Produktion von Alex Silva, der u.a. Grönemeyers MENSCH veredelt hat, den Rest bewerkstelligt, kann man alleine aus dem Namen herauslesen!

Fazit: Baff... FOUR SHORES bricht auf uns herein wie das spielentscheidende Tor eines Außenseiters in der Verlängerung. Ein Außenseiter sind BrainStorm wahrlich, auf der Rechnung werden sie nur die wenigsten gehabt haben – und jetzt setzen sie uns mit Album Nummer „weiß ich wie viel“ so mir nichts, dir nichts Schachmatt... Beeindruckend! Wer James Blunt („High“, „You’re Beautiful“) oder Daniel Powter („Bad Day“) im Grunde genommen okay findet, sich aber etwas mehr Gitarren und daraus tangierende rockige Klänge gewünscht hätte, wird mit FOUR SHORES bestens für den anstehenden Winter gerüstet. Für wen U2, R.E.M. oder gute Oasis Platten unerlässliche Bestandteile einer CD-Sammlung darstellen, kann sich FOUR SHORES als Pflichtkauf auf den Einkaufszettel notieren!

VÖ: 27. Oktober 2006

Tracklist:
1. Thunder Without Rain
2. Tin Drums
3. Lonely Feeling (To Be Lonely)
4. One Thing
5. Sunday Morning
6. French Cartoon
7. Digitally Bright
8. When Nightlife Covers The Daylight
9. Sunrise (Deep In Hell)
10. Leavin' To L.A.

Anspieltipps: Thunder Without Rain, Lonely Feeling (To Be Lonely), Sunday Morning, Leavin' To L.A.

Band Line-Up:
Reynard Cowper (Renars Kaupers) – Gesang
Magic (Janis Jubalts) – Gitarre
Nick Rogue (Kaspars Roga) – Schlagzeug
Mike Minolta (Maris Mihelsons) – Keyboards

DISCOGRAPHY:

1993 – Vairâk Nekâ Skaïi
1994 – Vietu
1996 – Veronika
1997 – Viss Ir Tieði Tâ Kâ Tu Vçlies
1999 – Among The Suns
1999 – Starp Divam Saulçm
2000 – Izlase '89-'99 (Best of)
2000 – Among The Suns (Re-Release)
2001 – Kaíçns, Kurð Atteicâs No Jûrasskolas
2001 – Online
2003 – Dienâs, Kad Lidlauks Pârâk Tâls
2003 – A Day Before Tomorrow
2004 – Veronika (Re-Release)
2005 – Èetri Krasti
2006 – Four Shores

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