Squealer-Rocks.de CD-Review
Die Skeptiker - DaDa In Berlin

Genre: Punk
Review vom: 26.12.2007
Redakteur: TheMattes
Veröffentlichung: 30.11.2007
Label: Rozbomb Records



Meine Güte! Ich, TheMattes, Fachmann für angewandte Ironie, muss mich jetzt mit etwas herumschlagen, bei dem ich nur mit der größten Anstrengung eine Gänsehaut vermeiden kann. Denn bei diesem mir vorliegenden Werk handelt es sich um eine Veröffentlichung aus dem Hause Die Skeptiker, ihres Zeichens Punker aus dem Osten Berlins. Allerdings sind die Songs auf „DaDa In Berlin“ bis auf zwei Stücke (zwar neu eingespielt) olle Kamellen von `89 - `91. Viele Songs verströmen die verbrauchte Atmosphäre des politischen Punk, entstanden in sozialistischer und postsozialistischer Wendezeit im Osten Berlins.

Ohmeingott! das Jahr 2007 war für mich insgesamt gruselig und jetzt auch das noch. Ich habe diese Szene und ihre Musik immer ignoriert und einfach ausgesessen, weil ich wusste, dass dieser Hype auch mal vorbeigeht. Hatte ich damit Recht oder hatte ich damit Recht?
Punk ist wieder im tiefsten Underground verschwunden, und wen es interessiert, der soll sich weiterhin dort tummeln. Aber jetzt kommt dieser postsozialistische Nina-Hagen-Gedächnis-Lärm daher, allerdings von einer der besten Bands in diesem Genre, sagt jedenfalls das Internet. Aber ernst nehmen kann ich das nicht, tut mir leid! Und wenn der Sänger das „R“ rollt, krieg ich Ohrenherpes. Der Gesang ist typisch punkig in Stakkato-Deutsch mit dem regional verorteten politischen Anspruch, aber platt und hochgestochen und künstlich und nix für meinereiner.
Die Titel der Songs sprechen für sich, allerdings klingt doch ab und an geradezu metallischer Gitarrenkrach durch (Nr. 7, auch lyrisch in Ordnung), aber dieser hektische Sprechgesang und diese pseudoaggressiven und –politischen Texte sind mir ein Graus, wenn ich das mal so altmodisch ausdrücken darf. Aber erstaunlicherweise werden auch schöne Geschichten erzählt und es gibt zum Beispiel in „Da Wo Man Singt“ und „Der Rufer…“ echt geile Riffs und Trommeln, die wohl zum Pogo rufen. „Der Rufer…“ geht voll als Metalsong durch (ebenso wie „Gnadenlos“), hat einen tollen Text und ist der einzige längere Song. Aber was an Hass und Steine werfen so toll ist („Straßenkampf“), habe ich nie verstanden.
Hach nee, das ist so was von politisch und subversiv, aber mittlerweile (aber auch früher schon) irgendwie an der Realität vorbei. Musikalisch ist das durchaus gekonnt und technisch können die Jungs wirklich spielen, zudem ist die Produktion völlig in Ordnung. Das Beste an „DaDa In Berlin“ ist, dass fast alle Songs so schön kurz sind und manchmal gibt es sogar Melodien mit Partycharakter („Komm Tanzen“). Der Hammer ist aber „Allright My Boys“ über Homosexualität und Toleranz. Ich glaube, das wäre im Metal kaum möglich.
Ansonsten viel reiner Punk, Punkt.
Diese Veröffentlichung eignet sich also nur für Punker, Nostalgiker aller Couleur und für Musikhistoriker und Sozialpsychologen auf dem Wege zu neuen sozialwissenschaftlichen Erkenntnissen (ist also unter diesem Aspekt eigentlich auch für mich interessant!). Ansonsten geht mir das Ganze doch dermaßen am Allerwertesten vorbei, als wäre er mit Teflon beschichtet (interessante Idee eigentlich).
Trotzdem muss ich einen Anspieltipp für uns Metalfans loswerden, nämlich den schon erwähnten „Der Rufer In Der Wüste Schweigt“. Je öfter ich den Song höre, desto besser gefällt er mir. Er hat Schwung, treibenden Rhythmus, Metal-Riffs und hat echten Ohrwurmcharakter und macht zudem fast fünf Minuten Spass! Ein Partyhit!

Tracklist:
1. Deutschland Halt`s Maul
2. Pierre Und Luce
3. Kein Weg
4. Da Wo Man Singt
5. DaDa In Berlin
6. Strassenkampf
7. Der Rufer In Der Wüste Schweigt
8. JaJaJa
9. Sauerein
10. Gnadenlos
11. Komm Tanzen
12. Strahlende Zukunft
13. Titania
14. Allright My Boys
15. Verraten Und Verkauft

Lineup:
Eugen Balanski – Gesang (Rotorfon)
Tom Schwoll – Gitarre (Jingo de Lunch, Extrabreit, Kumpelbasis)
Lars Rudell – Gitarre (Cultus Ferox, Blind Passengers)
Mathias Kahle – Bass
Andy Laaf – Schlagzeug (Mad Sin, Blind Passengers, Cassandra Complex)

DISCOGRAPHY:

1988 - O.T.
1989 - Schreie
1989 - Die anderen Bands
1990 - Harte Zeiten
1991 - Sauerei
1993 - Schwarze Boten
1994 - Live
1995 - Total TV
1995 - Stahlvogelkrieger
1996 - Frühe Werke (Compilation)
1998 - Wehr Dich
2007 - DaDa In Berlin


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