Squealer-Rocks.de CD-Review
Titanic - Full Steam Ahead

Genre: Heavy Metal
Review vom: 28.02.2008
Redakteur: maddin
Veröffentlichung: 29.02.2008
Label: Retroactive Records



Die Band heißt Titanic, das Covermotiv zeigt den legendären Ozeanriesen in wilder Fahrt, der Opener bläst ohne Umschweife mit einem simplen, aber mörderfetten Riff die Gehörgänge frei, der Refrain versprüht Mitbrüll – Zwang mit metallischem Schunkel - Faktor und die Textzeile lautet: „Shovel The Coal, Every Man Below, Full Steam Ahead!“
Na, nach was riecht es hier, außer nach schmauchenden Schloten? Richtig, nach Kult! Der regiert nämlich zu weiten Teilen auf der Titanic. Die Überraschung dabei: Hinter der ultra - metallischen Seefahrt und dem Kultalarm auf höchster Stufe verbirgt sich eine Intention, die man hier nicht unbedingt vermuten würde.
Also, alle Mann an Bord!

„Seefahrer Metal“? Da war doch mal was? Natürlich denkt man bei solchen Worten sofort an Running Wild und das tut man auch bei vielen Songs dieser Eisen – Passage. Die drei Herren von Titanic scheinen in der Tat ein Faible für die vergangenen Großtaten des einstigen Seeräubers Rolf zu haben. Allerdings – und jetzt kommt der Clou an der Geschichte – nur beim Gesang; sprich, bei einigen Gesangsharmonien. Der erste Steuermann David St. Andrew singt, wenn er will, nämlich fast identisch wie Herr Kasparek. Auch so mancher Chorus weckt starke Erinnerungen an selige „Under Jolly Roger“ Zeiten. Das war's dann aber auch mit den Parallelen. Der begnadete Frontmann besteht sonst auch jeden Vergleich mit Noddy Holder von Slade oder Alice Cooper. Seine Stimme ist nicht gut, sie ist Kult! (dieses Wort kann man bei der Scheibe gar nicht oft genug verwenden!)

Die musikalische Ausrichtung wiederum bewegt sich in etwas anderen Gewässern. Speedige Tracks gibt es eigentlich gar nicht. Die CD klingt wirklich wie ein schweres, mächtiges Dampfschiff auf hoher See:
Alles ist hauptsächlich im Midtempo Bereich angesiedelt und beim Begriff Heavy Metal wird hier Wert auf das erste Wort gelegt. Das Riffing ist – polemisch ausgedrückt – eindimensional, denn der Reiz der Stücke liegt in der Atmosphäre und den enorm prägnanten Gesangsmelodien. Dazu ein Bass, dessen Saiten bis auf den Boden zu hängen scheinen und Drums, die auch wie Drums klingen.
Bandchef Bill Menchen, der Gitarre und Bass eingespielt hat, war auch für die Produktion verantwortlich und die ist ...ja, Kult! Oder auch einfach Heavy. Sauber, doch ohne irgendwelche Spielereien. Authentischer kann man echten Metal nicht rüberbringen.

Manchmal erinnert mich der Stil von Titanic etwas an Tank, manchmal sogar ein bisschen an Sabaton oder Thunderhead. Im Info Zettel wird die Band mit Maiden und Priest verglichen, was ich absolut nicht nachvollziehen kann. Doch das wird jeder anders sehen, denn Fans von den genannten Bands oder von Metal, der nicht allzu technisch ist und direkt in die Fresse geht, sollten sofort eine Überfahrt auf dem rockigen Kutter buchen.
Ausnahmen von den mega - heavy Stücken, die man bereits beim ersten Mal mitbrüllt, bilden lediglich zwei Nummern: Das rollende „Wisdom“, das wie eine Mischung aus Motörhead und Poison (echt!) über die Reeling torkelt und der absolut durchgeknallte Bonus Track „Come Home“:
Eine ziemlich geile, fast schon punkige Nummer, mit tollem Refrain wird immer wieder mit einem Prog Break angereichert, welches absolut keinen Sinn macht. Ein Gag und somit schon wieder Kult!

Es gibt übrigens zwei Bonus Tracks und bei beiden sitzt Stryper Schlagwerker Robert Sweet an den Kesseln. Und damit sind wir bei der anfangs erwähnten, unerwarteten Komponente und bei der gleichzeitigen Beseitigung von Vorurteilen.
Diese saugeile Sauf-, Bang- und Gröhl Band Titanic ist eine christliche! Das faszinierende dabei ist zudem, dass sie in ihren Lyrics weder missionarisch, noch kitschig – pathetisch ihren Glauben vertreten. Rund die Hälfte der Songs haben christliche Themen, sind jedoch in eine Art Abenteuer Story verpackt und somit keineswegs peinlich, wie es bei anderen Künstlern dieser Gattung oft der Fall ist. Wer hätte gedacht, dass gerade Mucke für Kuttenträger und Biertrinker die Toleranz dermaßen fördern kann?

Auch wenn zwei, drei Songs etwas zu mager komponiert wurden, überwiegen die Highlights. Mit dem grandiosen Opener, dem mitreissenden „The Wind“ und dem schier unbeschreiblichen „Upon The Cross“ sind den drei Männern von der christlichen Seefahrt sogar drei Metal Tracks gelungen, die sich mit den ganz Großen in eine Reihe stellen dürfen.

Tracklist:
1.Shovel The Coal
2.Dead Mens Bone
3.Deep Down
4.Captain Of The Ship
5.Holy Ground
6.Sons Of Thunder
7.Upon the Cross
8.The Wind
9.Wisdom
10.The Sea
11.Nightmare
12.Come Home

Line Up:
David St. Andrew – Vocals
David White – Drums
Bill Menchen – Everything Else

DISCOGRAPHY:

1995 - Maiden Voyage
2002 - Screaming In Silence
2008 - Full Steam Ahead

SQUEALER-ROCKS Links:

Titanic - Full Steam Ahead (CD-Review)

Bill Menchen von Titanic (Interview)
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