Squealer-Rocks.de CD-Review
The Tangent - Not As Good As The Book

Genre: Progressive Rock
Review vom: 06.03.2008
Redakteur: maddin
Veröffentlichung: 29.02.2008
Label: Inside Out



The Tangent sind (waren?) ganz klar ein Grenzfall. In der puristischen Prog - Szene sind so etwas wie Götter, weil sie eben Progressive Rock in seiner reinsten, ursprünglichsten Form zelebrieren. In unserer „ordinären“ Rock und Metal Community steht die Truppe aber eher im Regal mit der Aufschrift „Exoten“. Trotzdem erfreut sich Andy Tillisons Mannschaft auch hier einer gewissen Beliebtheit, obwohl, oder gerade weil, sie so außergewöhnlich ist und so gar nicht zu den Begriffen Rock und Metal passen will. Der neue Output ist meine dritte Begegnung mit der Band und so wusste ich bereits im Vorfeld, dass ein Review zu The Tangent immer auch eine Menge mit Geduld und mit „Einhören in die Materie“ zu tun hat. Ich wusste zwar zudem, dass die Musik eine spezielle Magie besitzt, dennoch machte mir ein Doppeldecker mit 90 Minuten Spielzeit etwas Angst. Völlig zu Unrecht! Denn überraschenderweise ist „Not As Good As The Book“ kein bisschen sperrig, sondern höchst kurzweilig.

Natürlich gibt es immer noch The Tangent, wie man sie liebt oder auch nicht. Doch bereits der Opener und Titelgeber des ersten Silberlings „A Crisis in Mid Life“ tönt ungewohnt heftig und läuft als Mischung aus Yes und Saga höchst dünnflüssig in die Lauscher. Ich möchte ja nicht unken, aber die Hardcore – Prog - Fraktion dürfte hier entsetzt „Mainstream“ brüllen.
Sofort wird deutlich, dass Tillisons Aussage, es handele sich hier um die bisher rockigste Veröffentlichung der Band, kein leeres Promo - Versprechen war.
Beim leichtfüssigen „Lost in London (25 Years Later)“, eine Fortsetzung des (fast) gleichnamigen Tracks vom Vorgänger, werden die Altfans aber wieder versöhnt. Hier kommen alle Elemente zum Tragen, die so markant für The Tangent sind: extrem jazzige Intermezzi, Saxophon, Flöten. Allerdings wurde der Anteil dieser Passagen zugunsten der Songdienlichkeit deutlich zurück geschraubt.
Selbst der über 10- minütige ergreifende Gefühlsausbruch „The Ethernet“ macht das Hören nie zu einer Geduldsprobe, sondern ist über die volle Distanz schlichtweg faszinierend.
Sicher, wenn plötzlich Flamenco Klänge auftauchen, die sich dann auch noch mit Piano Spielereien und Saxophon Soli ein Stelldichein geben, wird der eigenen Toleranz schon etwas abverlangt.
Das Ganze bleibt dennoch auch für den toleranten Otto – Normal - Fan absolut hörbar.
Was für die komplette erste CD gilt.

Der zweite Silberling macht dann beim Blick aufs Booklet erstmal richtig Angst: 2 Songs sind drauf, jeder mit einer Länge von geschmeidigen 22 Minuten. Sollte die gerade noch gepriesene neue Eingängigkeit nun einer überlangen Professur in Sachen anspruchsvoller Musik mit dem Schild „Zutritt nur für Musikstudenten“ weichen? Von wegen!
Die beiden, in mehrere Kapitel unterteilten, Longtracks zünden direkt beim ersten Hören. Der Story - Charakter wird sofort deutlich und lässt an ein „Prog - Musical“ denken. Eine tolle Dramaturgie durchzieht die Nummern und lässt Vergleiche von Genesis über Marillion bis The Who und sogar Queen legitim werden.
Von schmelzend zart bis explodierend heftig spielen sich The Tangent hier durch die gesamte Geschichte der englischen Rock / Prog - Musik und garnieren das Spektakel mit einigen der schönsten und ergreifendsten Harmonien, die das geschmacklich versaute Hirn jemals wahrgenommen hat.

Es bleibt ein Doppelalbum, das in dieser Form niemals zu erwarten war. The Tangent haben tatsächlich den Rock entdeckt. Freunde der Flower Kings, Genesis, Marillion, Jethro Tull u. ä. erleben hier ihr progressives Wunder. Die absolut perfekte Produktion tut ihr Übriges und der Special Edition liegt ein 100 – seitiger (!) Comic bei, der die Geschichte des Albums illustriert.
Klasse!

Tracklist:
Disc One:
1.A Crisis in Mid Life
2.Lost in London (25 Years Later)
3.The Ethernet
4.Celebrity Puree
5.(The Future Was) Not As Good As The Book
6.A Sale Of Two Souls
7.Bat Out Of Basildon

Disc Two:
1.Four Egos One War 2.The Full Gamut
Line Up:
Andy Tillison – Vocals, Keyboards
Jonas Reingold – Bass
Guy Manning – Acoustic Instruments
Theo Travis – Sax and Flute
Jaime Salazar – Drums
Jakko M. Jakzsyk – Electric Guitar

DISCOGRAPHY:

2003 - The Music that died alone
2004 - The World that we drive through
2005 - A Place in the Queue
2007 - Going Off On One
2008 - Not As Good As The Book

SQUEALER-ROCKS Links:

The Tangent - A Place In The Queue (CD-Review)
The Tangent - Going Off On One (CD-Review)
The Tangent - Not As Good As The Book (CD-Review)

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