Squealer-Rocks.de CD-Review
Tomorrow's Eve - Tales From Serpentia

Genre: Progressive Metal
Review vom: 26.10.2008
Redakteur: Colin
Veröffentlichung: Bereits erschienen
Label: Lion Music



Oh man! Wie beurteilt man eine Scheibe, die von einer Lieblingsband veröffentlicht und deren Vorgänger mit dem Adjektiv „genial“ nicht ausreichend umschrieben wird? Objektivität ist da nahezu unmöglich. Die Nervosität vor dem ersten Durchlauf war entsprechend groß. Können die deutschen Progressive Metaller TOMORROW’S EVE ihrem durchweg positiv bewerteten Vorgänger „Mirror Of Creation 2 – Genesis II“ einen adäquaten Nachfolger an die Seite stellen? Oder das Album im besten Fall sogar noch zu übertreffen? Allerdings ist auch ein gewisses Unwohlsein dabei, als ich die CD in den Player schiebe. Denn, was wenn die Band sich völlig verzettelt hat und das Album „unhörbar“ geworden ist…

Eine Nullnummer haben die Jungs selbstverständlich nicht abgeliefert. Das war aber irgendwie auch nicht zu erwarten. Ob „Tales From Serpentia“ im Endeffekt allerdings besser ausgefallen ist als „Mirror Of Creation 2 – Genesis II“ sollte jeder für sich selbst entscheiden. Fakt ist aber, soviel sei vorweg genommen, dass TOMORROW’S EVE nicht den Fehler gemacht haben, das erfolgreiche Konzept des Vorgängers textlich oder musikalisch zu kopieren. Wäre im Prinzip auch albern, immerhin spielen die Jungs ja progressiven Metal. Ihren typischen Stil hat die Band natürlich nicht verändert. Die Balance zwischen harten, mitunter aggressiven Riffs und ruhigeren Passagen ist nach wie vor in allen Songs zugegen. Auch die anspruchsvollen Melodien von Sänger Martin LeMar sind ebenso wenig verschwunden wie die tiefgründigen Lyrics der Band.

Neu hingegen ist, dass TOMORROW’S EVE etwas düsterer zu Werke gehen als auf dem Vorgänger. Nun war die Band nie eine, die sich durch Tralala-Melodien ausgezeichnet hat. Dafür waren die Themen, derer sich die Band annahm auch immer zu speziell und wenig positiv. Hier macht auch „Tales From Serpentia“ keine Ausnahme. Die Grundstimmung der Scheibe ist melancholischer als auf den Vorgängern (die EP „The Tower“, mit den auch hier vertretenden Stücken „The Tower“ und „Remember“ ließ das letztes Jahr schon anklingen) und ebenso verhält es sich mit den Lyrics, die wieder einmal hervorragend mit der Musik harmonieren. Man fühlt sich hier und da an Bilder aus amerikanischen Filmklassikern erinnert oder von der Atmosphäre her auch an die beiden Teile des PC-Spiels „Max Payne“. Die Songs driften jetzt natürlich nicht ins Depressive ab, sondern wurden nur um diese melancholische Note erweitert, was sehr gut ins Konzept der Band passt. Trotzdem waren die Melodien immer großartig und gingen, manchmal auch subtil, direkt in die Gehörgänge (man denke da zum Beispiel an „Distant Murmurs“ oder „Amnesia“ vom Vorgänger). Daran hat sich auch auf dem neuen Album nichts geändert. „The Years Ahead“ oder „The curse“ packen den Hörer schon beim ersten Durchlauf.

Musikalisch bietet „Tales From Serpentia“ selbstverständlich auch eine Menge. So kommen manche Facetten im Sound erst nach einigen Durchläufen zur Geltung. Gitarre und Keyboards stehen noch enger als früher zusammen und umspielen die perfekt aufeinander eingespielte Rhythmusgruppe mit tollen Riffs und wunderschönen Pianopassagen. TOMORROW’S EVE holen das Optimum aus den Songs heraus und Sänger Martin LeMar verbindet die einzelnen Teile der Musik mit seiner charismatischen Stimme, die er (das hatte ich, glaube ich, schon im „Mirror…“ Review geschrieben) immer der Stimmung innerhalb der Songs und Texte entsprechend einzusetzen weiß. Wer sich darunter jetzt nichts vorstellen kann, sollte sich Zeit für das fast zwanzig Minuten lange und das Album perfekt abschließende „Muse“ nehmen. Hier bündeln TOMORROW’S EVE alle ihre Stärken und bringen nicht nur einen ihren besten Songs überhaupt zustande, sondern erklären in diesen zwanzig Minuten quasi musikalisch worum es im Progressive Metal geht.

Ich bin auch nach dem 30. Durchlauf noch immer nicht sicher, ob „Tales From Serpentia“ nun besser als „Mirror Of Creation 2 – Genesis II“ ist oder nicht. In derselben Liga spielen die beiden Scheiben aber auf jeden Fall. Fans der Band haben die Scheibe, die durch eingestreute Hörspielsequenzen noch zusätzlich an Reiz gewinnt, längst schon. Aber in dieses Album sollten wirklich ALLE reinhören. Diese Band verdient Eure ungeteilte Aufmerksamkeit. Hier wird ganz großes musikalisches Tennis gespielt.



Tracklist:
1. Nightfall
2. The Years Ahead
3. Dream Diary
4. No Harm
5. Remember
6. Succubus
7. Warning
8. The Curse
9. The Tower
10. Faces
11. Muse


Line-Up:
Martin LeMar – Vocals
Reiner Grund – Guitars
Oliver Schwickert – Keyboards
Chris Doerr – Bass
Tom Diener - Drums

DISCOGRAPHY:

2000 - The Unexpected World
2003 - Mirror Of Creation
2006 - Mirror Of Creation 2 - Genesis II
2007 - The Tower (EP)
2008 - Tales From Serpentia


SQUEALER-ROCKS Links:

Tomorrow's Eve - Mirror Of Creation 2 - Genesis II (CD-Review)
Tomorrow's Eve - The Tower (CD-Review)
Tomorrow's Eve - Tales From Serpentia (CD-Review)

Rainer Grund von Tomorrow's Eve (Interview)
SONSTIGES:

BANDHOMEPAGE
Diesen Beitrag im Forum diskutieren