Squealer-Rocks.de CD-Review
Presto Ballet - The Lost Art of Time Travel

Genre: Retro / Progressive Rock
Review vom: 19.12.2008
Redakteur: maddin
Veröffentlichung: Bereits veröffentlicht
Label: ProgRock Records



The same procedure as every year: das ist man kurz dem Jahreswechsel nach einigen schlaflosen Nächten endlich soweit seine Jahres Top 10 für den Redaktionspoll ins Netz zu jagen, da knallt wieder mal ein paar Tage vor Weihnachten eine Scheibe in mein Herz und Hirn, die die unter schweren seelischen Schmerzen erstellte Liste hinfällig macht.
„Schieb' das Review ins nächste Jahr, dann bist Du alle Sorgen los“, flüstert mir der innere Schweinehund zu. Netter und pragmatischer Gedanke, Kollege Sausack. Doch der Drang, der Welt dieses kleine akustische Paradies vorzustellen, ist einfach größer.
Leute, legt Euch diese CD selbst unter den Baum und die Feiertage sind gerettet!

Die treibende Kraft hinter Presto Ballet ist Metal Church Gitarrist Kurt Vanderhoof. Mit seiner Stammtruppe hat die Geschichte hier herzlich wenig zu tun, was prinzipiell nicht verwunderlich ist.
Allerdings ist der Unterschied derart massiv, dass sich nur die tolerantesten Metal Church Fans mit dem flotten Tanztheater anfreunden dürften.
Die Szenerie wird komplett in die 70er verlegt und mit einer Mischung aus Bombast und Prog angereichert. Klingt jetzt nicht übermäßig spannend, ist es eigentlich auch nicht. Der Deibel steckt wieder mal im Detail.

Als Parallelen werden im Label - Info Genesis, Kansas, Yes und Deep Purple angegeben (ich würde unbedingt noch Styx, Saga, Uriah Heep und Rush mit in diese Reihe aufnehmen), was nicht ganz verkehrt, aber irgendwie auch nicht ganz richtig ist. Will sagen: Presto Ballet klingen wie alle diese Bands ... oder wie keine.
Schon das außerordentlich vielseitige Keyboard im über 10 – minütigen Opener „The Mind Machine“ wechselt permanent zwischen fetten Bombast - Klängen a la Yes und den hardrockigen Rasereien eines Jon Lord.
Damit ist quasi auch das Markenzeichen von Presto Ballet genannt: Lange Stücke, ein ständiges Hin und Her zwischen Hardrock, Progressive Rock und ganz leichten Neo Classic Anteilen.
Und nun - endlich – kommen wir zu dem Punkt, der dieses Album unwiderstehlich macht:
Als Hörer verliert man tatsächlich das Zeitgefühl. Ob der erwähnte Song nun 7, 10 oder 20 Minuten dauert – man kann es nicht schätzen und es ist eigentlich auch völlig egal. Die Band donnert uns mit Melodien, Soli und Breaks dermaßen zu, wie es fesselnder nicht sein könnte. Dennoch klingt nichts konstruiert oder sperrig. Außerdem ist das Hören absolut nicht anstrengend.
Es ist, als sähe man einen spannenden Film; man ist einfach „hin und weg“, abseits der Realität.

Die einzelnen Überlängen - Tracks näher zu beschreiben ist unmöglich. Jeder für sich ist eine kleine Oper. Gottlob aber ohne jegliche Depri – Attitüde oder gekünstelter Dramatik, gute Laune ist Trumpf.
Die regiert auch beim einzigen Song mit normaler Länge, dem mega – mega – mega geilen „You're Alive“. Die Nummer ist eine Lagerfeuer Hymne, die wie eine Mischung aus Supertramp, Kansas, Extreme und - Achtung! - ABBA klingt (achtet auf die „Fernando“ Melodie am Ende).

Um solche Musik adäquat rüber zu bringen, bedarf es natürlich einer Riege von Ausnahmekünstlern. Meister Vanderhoof hält sich übrigens dezent im Hintergrund, brilliert hier und da, doch den größten Raum nimmt zweifelsfrei Keyboarder Ryan McPherson ein. Die zweite Hauptkomponente ist Sänger Scott Albright, der manchmal ein bisschen an Bob Catley (Magnum) erinnert, dem kleinen Briten aber haushoch überlegen ist.
Die Rhythmus Abteilung wechselt ebenfalls wunderbar leichtfüssig zwischen „geradeaus“ und „kurvig – proggig“.
Also alles perfekt!
Wirklich alles?
Ja, denn die Produktion ist passend zum Stil sehr warm gehalten (Analog ist Trumpf!) und somit der letzte, fehlende Edelstein an der Krone.
So schön kann Ballett sein!

Tracklist:
1. The Mind Machine
2. Thieves
3. You're Alive
4. One Tragedy At A Time
5. I'm Not Blind
6. Easy Tomorrow
7. Haze

Line Up:
Kurt Vanderhoof - Guitar
Scott Albright - Vocals
Bill Raymond - Drums
Izzy Rehaume - Bass
Ryan McPherson - Keyboards

DISCOGRAPHY:

2005 - Peace Among the Ruins
2008 - The Lost Art of Time Travel

SQUEALER-ROCKS Links:

Presto Ballet - Peace Among The Ruins (CD-Review)
Presto Ballet - The Lost Art of Time Travel (CD-Review)

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