Squealer-Rocks.de CD-Review
Frameshift - An Absence Of Empathy

Genre: Modern Progressive Metal
Review vom: 05.04.2005
Redakteur: Jack
Veröffentlichung: bereits veröffentlicht
Label:



Was kommt dabei raus, wenn sich zwei großartige Musiker, die sich in den letzten fünfzehn Jahren an weit mehr als zehn Alben beteiligten, dazu entschließen ein Konzeptwerk zu veröffentlichen? Da kann man, ohne überhaupt einen Ton der Platte gehört zu haben, sagen: Diese Veröffentlichung muss etwas ganz Großes geworden sein. Und das ist sie: Sebastian Bach und Henning Pauly (auf die bisherigen Tätigkeiten der zwei brauche ich wohl nicht weiter einzugehen) haben ganze Arbeit geleistet, so dass man das von menschlicher Gewalt jeglicher Art handelnde Werk, AN ABSENCE OF EMPATHY, mit Sicherheit zu den besten Alben, des harten Rock/Metal Sektors, der letzten fünf Jahre zählen darf.

Ich komme aus dem Staunen (fast) nicht mehr heraus. Es ist einfach genial wie Sänger Sebastian Bach und Multiinstrumentalist Henning Pauly (Gitarre, Bass, Piano, Synthesizer und und und) miteinander harmonieren. Der eine, Sebastian Bach, lieferte (wie eigentlich immer) eine weltklasse, nein das ist noch untertrieben, „göttliche“ Gesangsleistung ab, die Seinesgleichen sucht. Zu jeder Zeit ist er Herr der Lage: Ob new-metallischer Rapgesang, grunzende Schreie à la Dani Filth, das berühmte Ripper/Halford’sche „Jaulen“ oder gefühlvolles Singen (manchmal auch in Queen Manier mehrstimmig, nur hier von einer Person vorgetragen), er kann einfach alles. Das atemberaubende daran ist, dass er all diese Komponenten zum Teil in einem Lied unterbringt. Beispiel gefällig? Auf schnellstes Gerappe folgt ein gesanglich emotionaler Part der schlußendlich in hohem Geschrei endet.

Zu solch einer großartigen Gesangsleistung gehört auch eine ebenso geniale instrumentale Ausarbeitung. Das musikalische Spektrum von AN ABSENCE OF EMPATHY jedoch komplett zu beschreiben, ist schier unmöglich und ein Versuch alles zu erwähnen, würde hier mit Sicherheit den Rahmen sprengen. Aus diesem Grund erläutere ich den Sound des Albums anhand von wenigen, aber sehr aussagekräftigen Aspekten.
Frameshift, oder sagen wir besser Henning Pauly, setzt vor allem auf den laut/leise und hart/weich Kontrast. So beinhaltet die über 73 Minuten lange Scheibe neben thrashigen und speed metallischen auch ruhigere, leicht melancholische Parts. Dies bildet allerdings nur die musikalische Oberfläche von AN ABSENCE OF EMPATHY. Darunter geschieht einiges, zum Beispiel in Form von vielen ungewöhnlichen Breaks, Melodiewechsel, wie man sie vorher nur von Dream Theater kannte, orientalischen Klängen, Elektrospielereien oder eher untypischen Instrumenten (Banjos, etc.).

So kann man sich bei der Grundausrichtung der Platte vielleicht darauf festlegen, dass auf AN ABSENCE OF EMPATHY moderner Metal mit viel Drum Herum ausgeübt wird, doch dafür berücksichtigt der in Deutschland geborene Henning Pauly zu sehr ruhigere Momente (das ist nicht negativ gemeint!), die dem Ganzen noch das berühmte Tüpfelchen auf das „i“ setzen. Bei Tracks, die von Piano und sanftem Gitarren- und Schlagzeugspiel begleitet werden, kann Sebastian Bach zeigen, dass er nicht nur ein sehr wandlungsfähiger Sänger ist, sondern auch einer, der im balladesken Bereich zu den allerbesten gezählt werden muss. Wenn ich schon dabei bin von den sinnlichen Phasen von AN ABSENCE OF EMPATHY zu schwärmen, dann darf ich nicht unter den Tisch fallen lassen, dass es richtige Balladen wie wir sie vom Hard Rock her kennen im Hause Frameshift nicht gibt. Einfach mal so fünf Minuten Akustikgitarre und fertig ist dem All-round Musiker Henning Pauly doch viel zu langweilig, weshalb ein eher mildes Stück zwischendurch von harten Nackenbrecherparts „aufgelockert“ wird (so geschehen bei „I Killed You“).
Gerade dieses sich Entfernen von typischen Songmustern zeichnet die Platte aus. Denn hier wird keine Spielart zu Tode gedudelt, nein hier werden klassischer Rock mit New Metal, Thrash Metal mit epischen, symphonischen Elementen oder eben balladeske Züge mit staccato artigem Riffing verknüpft. Der reinste Hörgenuss für Liebhaber jeglicher Rock und Metal Spielarten.

Einzelne Songs bei AN ABSENCE OF EMPATHY heraus zu picken, lohnt sich meines Erachtens nicht wirklich. Das Album MUSS man als Ganzes sehen. Hier werden keine charttauglichen Melodien geschrieben, sondern hiermit werden Leute angesprochen, die mit extrem experimenteller harter Metalmusik (Prog) mit klassischem Rockeinschlag etwas anfangen können.

Zur am Anfang meines Reviews kurz zusammengefassten Handlung, die von „Human Grain“ eingeleitet und von „What Kind Of Animal“ abgeschlossen wird (eine ausführliche Erläuterung der sich von Lied zu Lied ein wenig verändernden Story sei nicht Inhalt dieses Reviews), dieses Konzeptwerkes bietet sich noch die Entstehungsgeschichte an, die einige Jahre zurückgeht. Die Idee für das zweite Frameshift Album (auf dem ersten sang nur der Vollständigkeit halber ein gewisser James LaBrie) stammt nämlich vom Prog Rock Records Labelchef Shawn Gordon. Seine ehemalige Band Zicardian beschäftigte sich vor langer Zeit bereits mit der musikalischen Darstellung des Themas Gewalt. So griffen er und Frameshift Mastermind Henning Pauly diese Gedanken noch einmal auf und kreierten so AN ABSENCE OF EMPATHY. Dabei wurden die beiden von Matt Cash und Adam Evers unterstützt, die sich dann auch hauptsächlich an den Lyrics beteiligten.

Um endlich zum Ende zu kommen (ah, ich könnte noch mehrere Seiten über die Genialität dieses Albums schreiben): Bei AN ABSENCE OF EMPATHY stimmt einfach alles: zwölf spannende, extrem abwechslungsreiche Songs, vorgetragen von einem Sänger, dessen Leistung nicht von dieser Welt ist und verpackt in einem lyrischen Inhalt, von dem jeder von uns in irgendeiner Weise betroffen ist. In diesen verhältnismäßig wenigen Worten lässt sich das mit Abstand bisher beste Album des Jahres 2005 für ein Fazit zusammenfassen.
Leute, geht in den Plattenladen eueres Vertrauens und hört euch die gesamte Platte einmal an (kein Song-Zapping!) Diese Zeit muss sein, ihr werdet es nicht bereuen!


Tracklist:
1. Human Grain
2. Just One More
3. Miseducation
4. I Killed You
5. This Is Gonna Hurt
6. Push The Button
7. In An Empty Room
8. Outcast
9. Blade
10. How Long Can I Resist
11. When I Look Into My Eyes
12. What Kind Of Animal

Anspieltipps: von „Human Grain“ bis einschließlich „What Kind Of Animal“

Band Line-Up:
Sebastian Bach – Gesang
Henning Pauly – Gitarre, Bass, Piano, Banjo, Synthesizer, Percussion, Orchestrierung, ...
Eddie Marvin – Schlagzeug

DISCOGRAPHY:

2003 - Unweaving The Rainbow
2005 - An Absence Of Empathy

SQUEALER-ROCKS Links:

Frameshift - An Absence Of Empathy (CD-Review)

Henning Pauly von Frameshift (Interview)
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