Squealer-Rocks.de CD-Review
The Devine Baze Orchestra - Dead But Dreaming

Genre: Progressive Rock/Artrock
Review vom: 19.03.2011
Redakteur: TheMattes
Veröffentlichung: bereits veröffentlicht
Label: Transubstans Records



Und wenn man denkt, es geht nicht mehr, dann kommt doch noch ne neue Band aus Schweden daher. Diesmal kommt sie aus dem allseits bekannten und beliebten Uddevalla!
The Divine Baze Orchestra hat sich seit seiner Gründung 2003 stetig weiter entwickelt (sagt das Infoblatt) und legt nun mit "Dead But Dreaming" sein nächstes Werk vor, das als ein Tribut an H. P. Lovecraft gedacht ist.

Insbesondere geht es hier um den Cthulu-Zyklus, dem auch Metallica ein Stück gewidmet haben ("Call Of Ktulu", genial für mich, zu lang für andere). Die ebenfalls genialen Schreibereien von Lovecraft sind am ehesten noch mit den Ergüssen von Clive Barker zu vergleichen (Hellraiser; besonders zu empfehlen sind die "Bücher des Blutes". Von den ganzen anderen kranken Lektüren wie Clarke Ashton Smith oder Edgar Allan Poe mal ganz zu schweigen).
Ich bin deshalb gespannt wie ein Flitzebogen (5 € in die Metaphern-Kasse!), inwieweit die Musik von diesem "Orchester" (für Klugscheißer: genau genommen muss es heißen: "diesES 'OrchesterS!') der Theatralik und Bösartigkeit dieses Autors entsprechen. Und da liegt natürlich der Hase im Pfeffer, denn im Voraus würde ich dieser Literatur als kongenialen musikalischen Partner eher Death oder Black Metal zuordnen. Aber weit gefehlt!

Es beginnt mit einigen groovigen Eingangsriffs, die Spannung aufbauen und die dann in eine sehr ruhige Phase übergehen, wie es sich für einen Track mit dem Titel "It Came From The Skies" auch gehört. Leise und langsam schleicht sich bedächtig eine leicht dahingeklöppelte Melodei in meinen Gehörgang, die mich zum Träumen einlädt, aber viel zu schnell wieder vorbei ist. Noch ist nix Bedrohliches in Sichtweite meiner Gehörgänge, nur der Titel weist auf kommendes Unheil aus diesehin.
"They Rise" ist da schon von anderem Kaliber, denn es beginnt mit tieffrequenten Keyboards, dunkel und unheilschwanger, denn irgendwer wird sich irgendwoher oder irgendworaus erheben und dies wird dann beileibe garantiert KEIN Picknick. Wobei sich diese beiden Titel durchaus widersprechen, denn entweder kommt ES aus dem Himmel oder ES erhebt sich irgendwie. Da mir die Texte nicht vorliegen, muss ich mich eben an den Titeln der Songs hochziehen. Der folgende progressive Rock ist in seinen allerdings nur ganz kurzen Blueswurzeln gekonnt dargeboten und die Keyboards tun ihre Pflicht, um eine entsprechende Atmosphäre aufzubauen. Das Leadsolo bringt mich zum Wippen und damit hat der Song schon gewonnen, ist aber für meinen Geschmack einfach zu kurz.
Mit leichter Hand werden Gitarre und Keyboard gestreichelt, um von den "Origins" zu erzählen. Gleiches tut Oliver Eek am Mikro, unterbrochen von Breaks, die schließlich in einem immer schneller werdenden Groove enden.
Jetzt wird’s sehr progressiv/jazzig, nur fallen mir keine Vergleiche dazu ein. Erst "What Mustn't Be Spoken" ist wieder ein sehr atmosphärischer Song, der von Oliver Eek sehr emotional und spannend dargeboten wird. Seine helle Stimme passt hervorragend und hier zeigt er große Variabiltität und "erzählerische" Qualitäten im Zusammenspiel mit der aufregenden und wirklich tollen Komposition. Nach dem obligatorischen Break nimmt der Song langsam wieder Fahrt auf, der dann von den Keyboards dominiert wird und mit netten Spielereien und Soli glänzt. Ja, das hat was!
Es wird lang und länger, denn wir gehn' jetzt in den Keller. "The Cellar" beginnt swingend und wie Barmusik und entwickelt sich immer mehr zu etwas, wo Progressive/Psychedelic/Rock und Jazz zusammenfließen. Eine wilde Mischung, die Geduld und Offenheit verlangt.
Fast am Ende gibt’s ein Klagelied und "Lastly, Lament" hat wieder die Ruhe weg. Auch hier ist vom Zuhörer ein ruhiger Herzschlag und tolerante Ohren gefordert. Aber die Ruhe wird jäh von harten Riffs unterbrochen und mit langsamen, aber eindrucksvollem Groove geht’s weiter, ehe wieder ein jähes Break… und so geht es weiter und weiter, immer interessant und trotz der Länge wird der Song nicht langweilig.

An "Dead But Dreaming" ist exemplarisch zu beweisen, welche Bandbreite der sogenannte oder auch "progressive" Rock oder "psychedelische" Rock wirklich hat. Und den Begriff "Art-Rock"… ich weiß nicht. Die vielen verschiedenen Stilelemente zeigen jedenfalls wohltuend, dass Genregrenzen mittlerweile nur dazu da sind, um übertreten beziehungsweise verschoben zu werden. Dieses "Orchestra" macht nur das, was es will und nicht das, was sich in einem Genre "gehört". Ich unterstütze so etwas ausdrücklich! Deshalb ist diese Scheibe für alle, die sich auf Musik immer erst einlassen, ohne sich schon vor dem Hören ein Bild zu machen. Sie ist anstrengend und total rockige Parts sind nicht so häufig anzutreffen, aber trotzdem oder deshalb auch: einfach schön und eigenwillig!
Die woanders aufgestellten Vergleiche mit einigen Bands aus den Siebzigern wie Genesis, Yes oder King Crimson kann ich nur deshalb nicht nachvollziehen, weil ich diese nie gemocht habe und da auch nicht besonders viel von verstehe. Und das Infoblatt erwähnt noch Uriah Heap(!), was nicht nur wegen der Schreibweise völliger Unsinn ist. Sorry!
TDBO und "Dead But Dreaming" erinnern vielmehr an die Tage des Canterbury Folk mit Caravan (bestes Beispiel: "Canterbury Tales", live 1976) oder Soft Machine, wo im Unterschied zum Progressive Rock ein größerer Jazzanteil vorhanden und deren Musik insgesamt weniger bombastisch war.
Diese Musik kann man auch sehr laut hören, ohne dass sich der Putz von der Wand kräuselt und die Soundwände ein Gemetzel unter den Haarzellen in meiner Gehörschnecke anrichten.

Und wie schon oben angedeutet gibt es eine ziemliche Diskrepanz zwischen dieser Lovecraft-Nummer und der Musik, die irgendwie nicht zusammen passen. Aber egal, um der hörenswerten Musik Willen muss man das einfach überhören.

Tracklist:
1. It Came From The Skies 2:32
2. They Rise 4:59
3. Origins 5:56
4. Flow/Unity 5:59
5. What Mustn't Be Spoken 7:44
6. The Cellar 8:38
7. Lastly, Lament 13:00
8. 1927 - A Homage 2:13

Line-up:
Oliver Eek - lead vocals, guitars, noise
Joel Löf - organs, pianos, lead vocals on track 6
Mattias Johansson - synthesizers, mellotrons
Christian Eklöf - drums, percussion
Joel Berntson - bass

DISCOGRAPHY:

2008 - Once We Were Born...
2011 - Dead But Dreaming

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