Squealer-Rocks.de CD-Review
Heretoir - Heretoir

Genre: Black Metal/Post Rock
Review vom: 29.05.2011
Redakteur: TheMattes
Veröffentlichung: bereits veröffentlicht
Label: Nothern Silence Production



Heretoir ist ein deutsches Post-Black Metal Projekt, das 2006 von Eklatanz (Potzblitz!) gegründet wurde. Der Name ist zusammengesetzt aus dem englischen "Here-" als Verkürzung von "heretic" und der französischen Silbe "-toir", die ein fiktives Synonym für "going my own way" ist. Gut zu wissen!
Das selbstbetitelte "Heretoir" ist nach verschiedenen kleineren Veröffentlichungen das erste Volle Länge-Album.

Ich weiß auch nicht, welcher kleine geile Teufel mit geritten hat, die Hand zu heben, als diese Scheibe aufgerufen wurde, aber jetzt habe ich den Salat. Mattes, der Spezialist für das Unmögliche, muss hier also wieder einmal über seinen Schatten springen und in ein Genre eintauchen, das nicht wirklich seins ist. Außerdem bin ich spät dran, weil ich nicht so recht wusste, wie ich's anpacken sollte. Aber sei's drum, jetzt geht’s los, wird schon schiefgehn!

Es beginnt, wie es sich gehört, möchte ich fast sagen, mit einem atmosphärischen Intro, bestehend aus Keyboardsound und Bass, das dann übergeht in den zweiten Song "Fatigue" beginnt mit groovenden Drums, leichtem Gitarrensound und einem unvermittelt einsetzenden wütenden Crescendo mit eher choralartigem Gesang und, für mich klingt es so, ohnmächtigen Gekreisch. Hört sich nicht sehr hoffnungsvoll an, wirklich nicht. Bilder entstehen in meinem Kopf und die Musik von Heretoir nimmt mich schon jetzt immer mehr gefangen. Ich habe in diesem frühen Stadium bereits den Eindruck, dass wir es hier mit einem durchdachten Konzept zu tun haben und der Urheber uns damit etwas zu sagen hat (auch wenn ich den Gesang und damit den Text nicht verstehen kann).
"Retreat To Hibernate" dagegen fließt locker flockig mit klöppelnden Drums und akustischen Gitarre und ein bisschen Keyboards in meine erstaunten Ohren (super Forumulierung, oder?). Im Grunde schon poppig und sehr schön und radiokompatibel. Damit will ich aber niemanden abschrecken, denn auch dieser Song baut dadurch erst die richtige Atmosphäre auf, eher er dann doch noch durch die einsetzenden verzerrten Gitarrenmelodien die Kurve in die rockige/metallische Ecke kriegt. Aber eigentlich hätte ich so eine Nummer hier nicht erwartet.
Die nächste Nummer ist mehr ein Zwischenspiel aus Sounds und Stimmen.
Eher erwartet hätte ich dann schon sowas wie "Weltschmerz". Krachende Drums, eine Gitarrenwand, verhaltene Keys und schreienden Gesang. Der unterlegte Backgroundchor rundet die Nummer bzw. die Atmosphäre ab, die durch die Breaks und nette Ideen niemals langweilig wird.
Der Titel "Graue Bauten" lässt auch nichts Gutes ahnen, aber nach dem Intro, mit dem der Song aus dem vorherigen hinüber musiziert. Einen Textfetzen glaube ich zu verstehen: "life is bad". Das passt! Langsamer Groove und der Gesang prägen "Graue Bauten", während die zwar spartanische, aber emotionale Melodie mit hinunter zieht in die Abgründe der menschlichen Existenz.
"The Escape Part II" ist wieder ein Zwischenspiel (für die Lateiner unter euch: Interludium). Sehr atmosphärisch und melodiös.
"To Follow The Sun" variiert gekonnt alle Ingredienzen, die die Songs auf "Heretoir" bisher ausgezeichnet haben: mal langsamer, mal ein wenig schnellerer Groove, Sounds, Melodien und verschiedene Gesangsformen.
"Heretoir" rundet diesen Reigen gekonnt komponierter Melodeien ab und gibt dem Ganzen nochmal einen besonderen Touch. Nach 6:12 Minuten ist es vorbei, aber nach einer, wie ich vermute, unfreiwilligen Pause von zweieinhalb Minuten beginnt das Outro, dass ich nur schön nennen kann. Noch stimmungsvoller mit akustischer Gitarre und melodiösem "Gesang" geht es zu Ende mit "Heretoir".

Ja, und was nun? So richtiger Black Metal ist anders, meine ich, obwohl ich wahrscheinlich mehr Ahnung von Astrophysik als von Black Metal habe. Aber eins steht fest, nämlich dass wir es hier mit einem ganz ausgeklügelten Stück Musik zu tun haben. Die einzelnen Titel sind zwar getrennt worden, damit sie einzeln ansteuerbar sind, aber an sich ist "Heretoir" ein EINZIGES Stück und damit ein Konzeptalbum, das sich gewaschen hat. Worum geht es darin denn nun?
Dem Infoblatt entnehme ich, dass die Texte von Melancholie, Nostalgie und Isolation handeln, während die Musik den Soundtrack zur Erforschung der eigenen tiefsten Gedanken und Ängste bilden soll. Aha!

Wie soll ich das jetzt nennen? Ich versuchs mal mit aggressive Post-Black Metal-Elemente(z.B. Blastbeats), gemischt mit Depressive oder Post Rock und Shoegaze (Beispiel: My Bloody Valentine), gekennzeichnet durch Schönheit in Melodien und Atmosphäre, die zum Träumen einladen. Damit sollen die unzähligen täglichen Gefühle und Eindrücke übermittelt werden, mit denen wir heutzutage konfrontiert werden.
Insgesamt geht es um Verlust: der Held der Handlung verliert einen geliebten Menschen und geht dann durch verschiedene emotionale und psychologische Stadien, um mit diesem Verlust fertig zu werden. Die Text reflektieren nun die Gedanken und Gefühle und gewähren uns eine Einsicht über die dünne Linie zwischen Trauer, Hass und Hoffnung. Dabei wird die Atmosphäre des Albums wohl noch von der Cover und Album Art komplettiert, die ich aber bei der Promo leider nicht beurteilen kann.
Was ich beurteilen kann, ist die Tatsache, dass dieses o. ä. Konzept hervorragend umgesetzt wurde. Die Atmosphäre, die Emotionalität der Musik und des Gesangs nimmt den Hörer gefangen und lässt ihn bis zum Schluss nicht mehr los. Es ist nicht möglich, einzelne Highlights heraus zu picken, denn "Heretoir" ist wie aus einem Guss. Gehört sich ja eigentlich auch so für ein Konzeptalbum.

Was ich noch beurteilen kann, ist die Produktion, die mir doch verbesserungsfähig erscheint. Nix gegen Underground, aber da hätte man doch ein wenig moderner zu Werke gehen können. Wenn ich einen Vergleich wagen darf, dann erinnert die Produktion mich (und das ist Black Metal-mäßig bisher meine einzige Platte) an Venom und "At War With Satan" und das ist ja nun doch schon ein Weilchen her.

Nichtsdestotrotz ist "Heretoir" von Heretoir ein hörenswertes Album mit vielen Facetten für aufgeschlossene Hörer!

Tracklist:
1. The Escape – Part I 1:39
2. Fatigue 7:15
3. Retreat to hibernate 6:38
4. 0 1:14
5. Weltschmerz 7:55
6. Graue Bauten 6:07
7. The Escape – Part II 2:12
8. To follow the sun 7:06
9. Heretoir

Line-up:
Eklatanz - alle Instrumente, vocals und Kompositionen
Nathanael - Bass und backing vocals auf zukünftigen Veröffentlichungen und live

DISCOGRAPHY:

2008 - Existenz Demo 2009 - Esistenz MCD 2009 - The World Comes To An End... CD Compilation 2010 - Split CD with Trähnenkind 2011 - Heretoir

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