Squealer-Rocks.de CD-Review
In Legend - Ballads'n'Bullets

Genre: Hand Hammered Piano Craft
Review vom: 30.05.2011
Redakteur: maddin
Veröffentlichung: Bereits veröffentlicht
Label: Oblivion (SPV)



Oha! Das wird ein schwerer Brocken! Nachdem ich die Lobpreisungen des Labels verinnerlicht hatte, schwoll mir erst einmal der revolutionäre Hahnenkamm. „Piano Metal ist die Zukunft“ war noch die moderateste Übertreibung der Werbemenschen.
Denn: Beim Begriff „Piano Metal“ denke ich an „Gutter Ballet“ von Savatage - und das ist eh unantastbar.
Und: Die Zukunft ist das hier auch nicht, liebe Slogan - Schreiber.
Merke: Unsinnige Übertreibungen locken keine Kunden, sie schrecken ab, weil unglaubwürdig.
Besser: Bei der Wahrheit bleiben.
Die lautet: In Legend spielen sehr gute Musik, die man mit gutem Gewissen Metal nennen kann und sie ersetzen die Gitarre durch – Surprise! Surprise! – das Piano.
Frage: Kann man das hören?
Antwort: Yes, we can!

Natürlich muss die Toleranzgrenze des Hörers schon mehr als eine Handbreit über dem berühmten Tellerrand liegen, damit er sich ein Album reinzieht, das ohne das Hauptinstrument der Rockmusik daher kommt. In progressiven Kreisen ist die Schmerzgrenze da niedriger, aber im konservativen Metal - Lager, das In Legend ja als Zielgruppe auserkoren haben, ticken die Uhren bekanntlich anders. Aber gut – es gibt Apocalyptica, die eiserne Weisen auf Celli darbieten, es gibt die Bassinvaders, die nur, ähhh…, Bässe haben und es gibt ja noch Van Canto, die, mit Ausnahme des Schlagzeugs, gleich komplett auf Instrumente verzichteten. Sie alle können nicht über schlechte Verkaufszahlen klagen, der Kuttenträger ist also doch weitaus weltoffener als der Motörhead Rückenaufnäher vermuten lässt. Somit sollten In Legend auch ihre Hörerschaft finden und als erzkonservativer Knochen stellt sich Euer ergebener Rezensent gerne als Gradmesser zur Verfügung.

Ganz ehrlich: Selten war es so schön, auf liebgewordene Feindbilder zu verzichten und alte Traditionen den Bach runter gehen zu lassen. Das Album macht mächtig viel Spaß und die Spaßfaktoren sind schnell genannt, so simpel wie effektiv: geile Songs und fähige Musiker. Denn mehr braucht es nun mal nicht – ob mit oder ohne Gitarre.
In erster Linie ein Verdienst von Bandboss Bastian Emig, der vielen als Drummer bei Van Canto ein Begriff sein dürfte. Liebe Leute, ich muss schon sagen: Hut ab vor diesem Mann. Ein echtes Multitalent. Die Drums überlässt der Gute hier seinem Kumpel Dennis Otto und verdingt sich überaus eindrucksvoll am Piano, brilliert zudem als Sänger. Etwas anderes als brillieren ist bei dieser Art von Musik – rein pragmatisch betrachtet – auch gar nicht möglich.

Durch das Fehlen der Klampfe müssen die Songs nämlich sofort zünden, ansonsten würde wohl kein anständiger Rocker dem Album mehr als einen Durchlauf gönnen. Diese schwere Aufgabe meistert Herr Emig mit Bravour. Die Tracks verfügen über Melodien, die mal pathetisch und beinahe opernhaft a la Meat Loaf daher kommen, natürlich standen auch Blind Guardian gelegentlich Pate und über Savatage hatten wir ja schon gesprochen.
Doch Obacht: Hier wird nix kopiert, diese Vergleiche sollten nur einen Überblick über die Güte und Vielseitigkeit der Kompositionen geben, über denen der fantastische Gesang, mal rau, mal samtweich und klar, steht.
Bla-Bla-Blub - wird mal Zeit für‘ paar Beispiele, ne?

„Elekbö“ startet stampfend mit einem recht brutalen Flair, die Double Bass schnattert schön, bevor man in einen hymnenhaften Chorus übergeht. Die wunderschönen Harmonien und das wirklich HEAVY tönende Klavier lassen die Sechssaitige auch nicht im geringsten vermissen. Bei „Heya“ wird zunächst drauflos geprügelt, als ob es kein Bier mehr gäbe, bevor man wieder in einen Refrain verfällt, der uns die Fäuste recken lässt. Ja, das ist Metal, zweifellos. „Prestinate“ lässt mich mit seinem fetten Groove gar an Bands wie Lake of Tears denken und „Pandemonium“ ist ein Musterbeispiel an Vielseitigkeit. Hier wechseln sich Brachial - Parts mit ruhigen Tunes ab, eingerahmt von himmlischen Chören, was die Nummer schon fast in den Progressive Bereich hebt. Mit „Vortex“ kann man zudem einen tanzbaren Track für die Rocktempel der Republik vorweisen, den ich mal vorsichtig als eine Mischung aus Depeche Mode und Evergrey bezeichnen möchte.

Ich finde es bemerkenswert, dass es eigentlich keine typische Ballade gibt. Ein Umstand, der für das Genie von Emig spricht. Denn bei eventuellen Kuschelrockern wäre der Exoten – Status weg, da die Gitarre hier eh nur eine untergeordnete Rolle spielt.
Ruhige Töne gibt es dennoch zu vermelden: „At Her Side“ vermittelt so ein bisschen Lagerfeuer – Feeling, während „Life Is Up to You“ mit seinem dramatischen Aufbau tatsächlich Savatage Niveau erreicht.

Fazit: Es ist schon grandios, wie raffiniert Emig die Tasten einsetzt. In dieser Form hat man das eben noch nicht gehört. Die Gretchenfrage ob der fehlenden Gitarre erledigt sich sehr schnell: man vermisst sie (hier) absolut nicht.

Bleibt die Frage nach der Langzeitwirkung. Ich habe das Album nun in einem Zeitraum von drei Wochen ca. 10 mal gehört und es zündet noch immer. Allerdings muss man ganz objektiv sagen, dass man wirklich Lust auf diese Art von Musik haben muss und „Ballads’n‘Bullets“ kein Album für jeden Tag ist.
Dennoch halte ich das Experiment für gelungen, denn es ist höchst faszinierend. Fans von Savatage, Meat Loaf und Blind Guardian, eigentlich alle generell aufgeschlossenen Musikfreunde, sollten hier unbedingt reinhören.
Bleibt nur noch zu sagen, dass der von mir angeprangerte Begriff „Piano Metal“ in der Tat ein Gewächs der Promo – Menschen ist. Die Band selbst nennt ihren Stil „Hand Hammered Piano Craft“. Passt!

Tracklist:
01. Heaven Inside
02. Pandemonium
03. Elekbö
04. At Her Side
05. Vortex
06. Life Is Up To You
07. The Healer (incl. Remedy)
08. Yue
09. Soul Apart
10. Stardust (feat. Inga Scharf VAN CANTO)
11. A Hanging Matter
12. Prestinate
13. Heya
14. Universe

Line Up:
Bastian Emig - Piano, Vocals
Daniel Wicke - Bass
Dennis Otto - Drums







DISCOGRAPHY:

2010 - Pandemonium (EP)
2011 - Ballads'n'Bullets

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