Squealer-Rocks.de CD-Review
IQ - The Road of Bones

Genre: Progressive Rock
Review vom: 28.06.2014
Redakteur: maddin
Veröffentlichung: Bereits veröffentlicht
Label: RSK



Man sagt ja, Musik verbindet. Nun, das mag in den meisten Fällen zutreffen, es gibt jedoch Ausnahmen – sie kann einem sogar fast den Tag verderben...
So geschehen kürzlich im gar entzückenden Grüngürtel von Wanne – Eickel, wo Euer - wie immer höchst ergebener – Schreiber mit der Dame seines Herzens durch die Botanik lustwandelte.

Eine mit modernen Kunstwerken bemalte und Vogelscheisse übersäte Parkbank lud dann zur kurzen Rast ein und es ergab sich folgende Situation:

„Schatz, Du bist so ruhig, wirkst so nachdenklich. Alles klar bei Dir? Plagt Dich irgendwas?“, fragte mich meine Liebste in sorgenvoller Anteilnahme.
„Ach, weisst Du...“, antwortete ich mit einem dezent seufzenden Unterton und immer noch in Gedanken versunken, „...ich kann mich nicht recht entscheiden und ich glaube ich habe vielleicht einen Fehler begangen.“
Mit einem entsetzten Blick richtete sich meine Herzdame auf, blickte mich entsetzt an und schrie mir fast entgegen:“Wie??? Entscheiden??? Fehler???“
„Schatz...“, flüsterte ich fast, „...ich habe in einem Review geschrieben, dass die neue A.C. T Scheibe besser als das aktuelle IQ Album ist. Aber war das richtig? Hör Dir doch mal alleine den Titeltrack an, der ist so derma......“.

Und mitten im Wort knallte mir eine ansonsten zärtliche Hand mit voller Wucht auf die rechte Wange, ich sah Sterne und nachdem ich wieder das Ruhrpott – Biotop erkennen konnte, saß ich alleine auf diesem so liebevoll gestalteten Sitzmöbel und verbrachte den Abend dann entgegen vorheriger Absprachen einsam.
Ein höchst unangenehmer Umstand, der mir jedoch die Möglichkeit gab, „The Road of Bones“ etliche Male zu hören.

Und wie immer bei IQ stellt sich nicht die Frage nach der Güte des Werks. Es stellt sich nur die Frage, kann das zweite Album ohne Martin Orford den Standard halten, den der Vorgänger „Frequency“ gesetzt hat.
Diese Frage ist schnell geklärt: Der aktuelle Output gehört neben „Dark Matter“ und „The Seventh House“ zu den Top 3 der besten aller Neo – Prog Bands.

Die fünf Songs bieten - wie immer – Abwechslung pur und die kompositorische Raffinesse, die (mittlerweile) Alleinkomponist Mike Holmes hier an den Tag legt, ist fast schon beängstigend stark.

Wobei: Der Opener „From the Outside in“ lässt zunächst beinahe vermuten, dass die Briten ihren Stil – ähnlich wie Pendragon – in härtere Gefilde verlagern würden. Selten bis nie hat man die Klampfe so hart gehört wie hier. Das ist schon fast Metal. Aber selbstredend kriegen IQ die Kurve hin zu den eigenen Trademarks und der Weggang von Urgestein Jon Jowitt am Bass fällt ebenso wenig auf, wie die Tatsache, das dort schon wieder ein neuer Mann an den Tasten sitzt.
Soll heissen: Die „Neulinge“ Tim Esau (war auch schon in den Anfangstagen dabei) und Neil Durant machen einen hervorragenden Job.

Mit dem Titeltrack dann der erste Gänsehaut Alarm – und ich lehne mich so weit aus dem Prog – Fenster, dass ich behaupte, dies ist einer der besten IQ Tracks überhaupt.
Zunächst hört man nur Peter Nicholls Stimme und ein Cello, bevor Drums, Bass Keyboard und ein wirklich „knochiges“ Xylophon für dramatische Stimmung sorgen.
Das die Nummer sich dann in ein brachiales Sound Gewitter verwandelt, ist natürlich auch der Ernsthaftigkeit der Lyrics geschuldet (Nö, keine Erklärung hierzu – Album kaufen, Booklet lesen!)
Nach 8, 5 Minuten schreie ich: Warum nicht länger??? Eine musikalische Offenbarung.

Länger wird es bei „Without Walls“. Knapp 20 Minuten ziehen die Briten hier alle Register des Neo - Prog, stellen selbst alte Marillion und sich selbst in den Schatten.
Soll ich den Track mal näher beschreiben?
Ja, genau! Soviel Zeit habt Ihr nicht und ich auch nicht....

„Ocean“ verdient nicht den Namen Ballade, denn dieser Song ist mehr, so viel mehr. Eine unerreichbare akustische Wohltat, eine Wellness - Kur unter dem Kopfhörer. Wer sind Pink Floyd?
Das Finale mit „Until the End“ gestaltet sich mit knapp 12 Minuten nochmal in adäquater Länge, wobei man hier vom Schwachpunkt des Albums sprechen muss – natürlich im Kontext der vorher geboteten Qualität.
Die zuhauf gespielten Genesis und - in Ansätzen – auch Yes Anleihen wirken zum Teil etwas bemüht und erst im letzten Drittel rettet Peter Nicholls' Gesang und Mike Holmes' tolle akustische Gitarre den Song.
Luxusprobleme, klar.

Was bleibt: „The Road of Bones“ ist um mindestens eine Klasse besser als „Frequency“, und das in einer Liga, in der 99% aller Bands niemals spielen werden.
Es ist nahezu unglaublich, welches Potential Mike Holmes als Songwriter auch ohne seinen früheren Partner Martin Orford hier vorlegt.

Wenn ich jetzt noch meine Frau davon überzeugen kann, ist die Welt wieder in Ordnung...

Tracklist:
From the Outside In
The Road Of Bones
Without Walls
Ocean
Until The End

Bass - Tim Esau
Gesang - Peter Nicholls
Gitarre - Mike Holmes
Keys - Neil Durant
Schlagzeug - Paul Cook

DISCOGRAPHY:

1983 – Tales From the Lush Attic
1985 – The Wake
1987 – Nomzamo
1989 – Are you sitting comfortably
1993 – Ever
1996 – Forever Live
1997 – Subterranea
2001 – The Seventh House
2002 – Subterranea: The Concert (DVD
2004 – The 20th Anniversary Show (DVD
2004 – Dark Matter
2006 – Stage (DVD)
2009 - Frequency
2013 - Tales From The Lush Attic - 30th Anniversary Collector's Edition
2014 - The Road of Bones

SQUEALER-ROCKS Links:

IQ - Frequency (CD-Review)
IQ - Tales From The Lush Attic - 30th Anniversary Collector's Edition (CD-Review)
IQ - The Road of Bones (CD-Review)

IQ - Stage (Doppel DVD) (DVD-Review)

IQ - Bochum, Zeche (Live-Review)IQ - Bochum, Zeche (Live-Review)

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