Squealer-Rocks.de CD-Review
Angra - Aurora Consurgens

Genre: Melodic Power Metal
Review vom: 27.10.2006
Redakteur: Jack
Veröffentlichung: bereits veröffentlicht
Label:



Gedämpfte Vorfreude herrschte vor, als die brasilianische Metalfregatte Angra den Termin für ihren neuesten Output bekannt gab. Einerseits konnte man das neue Lebenszeichen der, seit 14 Jahren sehr präsenten, Band als enthusiastischer Fan und aufgrund dessen, dass die durch das große Angra-Schisma hervorgerufenen Shaaman vor wenigen Wochen ihren Dienst quittierten, kaum erwarten. Doch andererseits sitzt das Überalbum, das Highlight des Jahres 2004, TEMPLE OF SHADOWS, das sich in meiner damaligen Jahres Top 10 nur Iced Earth geschlagen geben musste, noch viel zu tief im Bewusstsein. Wird sich AURORA CONSURGENS daran aufhängen? In wenigen Minuten dürften wir alle um eine Erkenntnis schlauer sein.

Ja, das sollten wir zumindest sein. Dass TEMPLE OF SHADOWS, das kritische Konzeptwerk rund um die Kreuzzüge, von seinem Nachfolger nicht zu toppen war, wusste man bereits nach der Veröffentlichung der eben genannten Götterscheibe. Demnach macht sich bei den ersten Rundläufen von AURORA CONSURGENS eine gewisse in Lethargie ausartende Ernüchterung breit. „Ist das gut? – Ich weiß es nicht.“ Allzu viel wurde im Hause Angra nicht umgeworfen: Die Band feiert noch immer den kraftvollen Melodic Metal mit all seinen Ausflügen in balladeskere Gefilde ab, lässt traditionelle Klanghemisphären gedeihen, wartet mit gelegentlichen Wuseleien auf und weiß, dass der auffallende Edu Falaschi in seinem Metier ein Gesangskönig ohne seinesgleichen ist.

Es scheint also so, als wäre der Glanz der früheren Alben geblieben. Doch irgendwie finden die fünf nur schwer den Zündschlüssel, um den Karren zum Laufen zu bringen – und selbst mit ihm kommt es den Außenstehenden so vor, als verfüge AURORA CONSURGENS über eine Art Wegfahrsperre, die trotz ansprechenden Versuchen sagt: „Halt!“ Wie bereits leicht angedeutet, auf der Suche nach Gründen tappe ich im Dunkeln. An Dennis Ward’s gottgleicher Produktion liegt es beileibe nicht. Ob die Themeninhalte, die durchweg mentale Probleme im Sinne von Depression oder Schizophrenie beleuchten, eine Mitschuld (wobei dieses Wort vielleicht etwas zu krass gewählt ist) am Schleierhaften von AURORA CONSURGENS tragen, halte ich an dieser Stelle dann gar nicht mal für so abwegig.

In der Single „The Course Of Nature“ hört man von den Südamerikanern beispielsweise, auf Basis des typischen Angra Sounds, unerwartet harte Gitarrenriffs, die anfangs beinahe auch den Landsmännern von Sepultura zu deren ROOTS-Zeiten entsprungen sein könnten, in Kooperation mit einem ultraplausiblen und prägnanten Refrain, wohingegen man sich in „The Voice Commanding You“ in skandinavischen Geschwindigkeitsregionen niederlässt und in „Ego Painted Grey“ das „Angra“ zu seinen vielschichtigen und temperamentvollen Phasen aufzeigt. Ja… und bei „Passing By“ kann man ohne Übertreibung von einem neuen, wenn auch nachdenklich stimmenden Bandhit sprechen.

Dann bleibt da aber noch der große Rest, der als einer unter vielen in die Metal-Geschichtsbücher eingehen und dort nur ab und an herausgekramt werden wird. Sehr vorhersehbar versucht das rund geschliffene „Breaking Ties“ Spannung aufzubauen, ohne Haltestation zum Einsteigen rauschen Lieder wie „Salvation: Suicide“ und „Window To Nowhere“ spurlos an einem vorbei und in „Scream Your Heart Out“ prallen zwei Welten (zum einen die komplett „durchgedrehte“ Instrumentierung und zum anderen die geschmeidigen Gesangslinien) aufeinander, sodass man im Endeffekt stets vergebens auf die Orientierungspunkte wartet, die dich an das Album ketten wie der Verteidiger an die Fersen des Angreifers.

Fazit: Enttäuschung ja oder nein? Am Ende stehen wir trotz vieler Argumente wieder am Anfang. Abschließend kann man auf alle Fälle festhalten, dass es Angra nicht gelungen ist das Niveau des Quantensprunges, den TEMPLE OF SHADOWS zu verantworten hatte, aufrecht zu erhalten. Wobei wir natürlich nicht vernachlässigen dürfen, welch tolle Kompositionen eine knappe Hälfte von AURORA CONSURGENS beinhaltet. In diesem Sinne: Überzeugt euch selbst…

VÖ: 27. Oktober 2006

Tracklist:
1. The Course Of Nature
2. The Voice Commanding You
3. Ego Painted Grey
4. Breaking Ties
5. Salvation: Suicide
6. Window To Nowhere
7. So Near So Far
8. Passing By
9. Scream Your Heart Out
10. Abandoned Fate

Anspieltipps: The Course Of Nature, The Voice Commanding You, Passing By

Band Line-Up:
Edu Falaschi – Gesang
Kiko Loureiro – Gitarre
Rafael Bittencourt – Gitarre
Felipe Andreoli – Bass
Aqualis Priester – Schlagzeug

DISCOGRAPHY:

1992 – Reaching Horizons (EP)
1993 – Angels Cry
1994 – Evil Warning (EP)
1996 – Holy Land
1996 – Freedom Call
1997 – Holy Live
1998 – Fireworks
2001 – Rebirth
2002 – Hunters And Prey (MCD)
2002 – Rebirth World Tour - Live in São Paulo
2004 – Temple Of Shadows
2006 – Aurora Consurgens
2010 - Aqua
2013 - Angels Cry - 20th Anniversary Tour (DVD)


SQUEALER-ROCKS Links:

Angra - Aurora Consurgens (CD-Review)
Angra - Temple Of Shadows (CD-Review)
Angra - Aqua (CD-Review)

Angra - Angels Cry – 20th Anniversary Tour (DVD-Review)

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