Squealer-Rocks.de CD-Review
Before Eden - The Legacy Of Gaia

Genre: (Classical) Progressive Rock
Review vom: 01.05.2006
Redakteur: Jack
Veröffentlichung: bereits veröffentlicht
Label:



Gegen die Flut an hochwertigen skandinavischen Bands des Hard’n’Heavy Sektors in den letzten Monaten ist den meisten Gruppierungen aus anderen Landstrichen kein Kraut gewachsen. Das Label Just For Kicks Music versucht mit einer kleinen, aber hoffentlich wirkungsvollen Aktion die Aufmerksamkeit vom hohen Norden ein wenig auf den heißen Süden, genauer gesagt Brasilien, zu lenken – verdient hätten es Before Eden mit ihrem Progressive Metal Album THE LEGACY OF GAIA allemal.

Das Kernstück des Albums bildet, wie der Titel bereits verrät, das sechsteilige Epos „The Legacy Of Gaia“. Darüber hinaus befinden sich, etwas dubios verteilt, vier weitere Songs auf der Platte der Brasilianer, die bereits das dritte Werk einer in Europa nicht wirklich beleuchteten Bandgeschichte darstellt. Doch gerade bei diesen vier Tracks, die man unter Umständen als netten Zusatz auffassen könnte, handelt es sich um die umfassenden Kreationen, welche das immense Klangspektrum von Before Eden perfekt beleuchten.

Klassik heißt sie, die große Trumpfkarte von THE LEGACY OF GAIA. Verspielt und mit vielen Arrangements (vor allen Dingen im Keyboardbereich) ausgestattet sind viele Gruppen, die sich etwas auf Progressive Metal einbilden, aber so enorm von der Klassik eingenommen, sind nur wenige. Während sich der Opener „Nomad Soul“ auf „wilde“ Breaks und das Umkrempeln der aufgebauten Stimmungen stützt, zeigt das geniale „Wizard Of The South“ sogar klar erkennbare Querverweise an die alten Komponisten auf: Das Grundthema beschäftigt sich mit der metallischen Umsetzung der durchkonstruierten Bach Symphonien, wie es schon Rage getan haben. Dazu gibt es im Mittelteil kurzzeitig etwas aus den „4 Jahreszeiten“ von Vivaldi auf die Ohren – und da ist er, unser kleiner Klassiklehrgang. Bevor jemand denkt, der Jack mache sogar vor der Klassik keinen Halt, muss ich gestehen, dass ich wirklich nicht viele Symphonien kenne, „Die 4 Jahreszeiten“ gehören zufällig zu jenen, die ich kenne.

Tut weiter aber auch nichts zur Sache. In dieses leicht an neuere Therion oder Vanden Plas mit einer abgestumpfteren Metalaxt erinnernde Konzept fügt sich mit Jaison Peixer ein Sänger ins progressive/symphonische Techtelmechtel ein, der wohl in jeder Band dieses Planten gut aufgehoben wäre. Man stellt sich ein stimmliches Treffen mit Edu Falaschi (Angra), Ritchie Krenmaier (Stygma 4) und Mike Baker (Shadow Gallery) vor und man weiß, was dieser Mann alles auf dem Kasten hat. Da ist es für mich etwas unverständlich, warum man den begnadeten Sängerknaben des öfteren in die „Warteschleife“ drängt und sich ein wenig in ausschweifenden Gitarren- und Keyboardsoli verliert. Ob der Grund hierfür in der Selbstverliebtheit der Songwriter und Verwender der angesprochenen Instrumenten (Juliano Scharf und Alessandro Kotlinsky) liegt, lasse ich mal so dahingestellt.

Apropos Shadow Gallery: Wenn ich schon Mike Baker ins Spiel bringe, darf auch der instrumentale Vergleich nicht fehlen: Lässt man bei jener „all Schaltjahr ein neues Album herausbringen“ Combo die übelst ausartenden Frikeleien mal außen vor, ist die Kluft zu Before Eden nicht mehr all zu groß. Man beachte in diesem Fall einfach mal die vertrackte Schlussnummer „Reality“. Auf dem letzten Magellan Output SYMPHONY FOR A MISANTHROPE oder dem von Shadow Gallery (ROOM V) hätte diese Nummer bestimmt keine schlechte Figur abgegeben.

Fast hätte ich es vergessen (ich weiß, mein Review artet mal wieder in ungeahndete Längen aus): „Das Kernstück des Albums bildet das sechsteilige Epos „The Legacy Of Gaia““. Das Kernstück dürfen wir selbstredend nicht unterschlagen. Ein klassisches (was auch sonst?), spannungserzeugendes Intro („Earth Cry“) leitet den Reigen ein und wird fast abrupt von einem einfachen, aber prägenden Riff unterbrochen („Enemy Eve“), gegen welches Jason Peixer mit aller Kraft ankämpfen muss – erfolgreich. Selbiges gilt für den unmittelbaren Darauffolger „Toast Of Mankind“, nur mit dem klitzekleinen Unterschied, dass hier „unser Lieblingssänger“ in einem längeren Abschnitt in die fast gänzliche Stille hineinsingen darf. Erst das mit fast neun Minuten längste und gleichzeitig auch vielschichtigste Stück der Platte, „Nova“, besinnt sich wieder zurück zu den klassischen Elementen und rückt den Sänger wieder in den Fokus aller Gehörgänge, wohingegen „Tomorrow's Gone“ sich nahtlos und fast unbemerkt an diese große Progkunst anschließt. Wie es sich für einen Epos gehört, wird dieser dementsprechend mit einer stillechten, aber immer wieder auf’s Neue ergreifenden Ballade abgeschlossen („Everland“). Fertig! (grins)

Fazit: Schön, einfach nur schön ... THE LEGACY OF GAIA ... ein Album, das nicht nur progressive Grundbedürfnisse erfüllt, sondern auch den Mut hat, eigene Wege zu gehen. Wer zudem einen Sänger, wie Jaison Peixer einer ist, in seinen Reihen hat, muss nur noch den Weg zur europäischen Progkultur finden, den Rest machen die Albumverkäufe der zahlreichen „Progkreaturen“!


Tracklist:
1. Nomad Soul
2. Wizard Of The South
3. Essence
4. The Legacy Of Gaia: Earth Cry
5. The Legacy Of Gaia: Enemy Eve
6. The Legacy Of Gaia: Toast Of Mankind
7. The Legacy Of Gaia: Nova
8. The Legacy Of Gaia: Tomorrow's Gone
9. The Legacy Of Gaia: Everland
10. Reality

Band Line-Up:
Jaison Peixer – Gesang
Alessandro Kotlinsky – Gitarre, Backing Vocals
Ricardo Tomedi – Bass, Backing Vocals
Júlio Cesar Kühlewein – Schlagzeug
Juliano Scharf – Keyboards, Backing Vocals

DISCOGRAPHY:

2001 – Before Eden
2003 – This Is The Demo CD
2005/06 – The Legacy Of Gaia

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