Alle Bandmitglieder von Sushifarm

(03.05.2006, Interview geführt von Jack)

Sushifarm ist eine echte Rockgruppe, bei der sich sogar alle Bandmitglieder zu Wort melden dürfen, wenn sie denn wollen. So geschehen im SQUEALER.net Interview, in dem die „Angeklagten“ Martin Pirner (Gesang), Hans Platz (Gitarre), Matthias Riedl (Bass) und Wolfram Kellner (Schlagzeug) mit ehrlichen und ausführlichen Antworten, insbesondere zur „Problematik“ Internet und Musikindustrie, glänzen.

Squealer.net: Hallo. Sie hat zwar schon zwei Jahre auf dem Buckel, aber trotzdem möchte ich euch noch zu euerer DEMO beglückwünschen, mit der ihr mich schon etwas ins Staunen versetzt habt. Es gibt ja viele gute Demo-CDs, aber solch ein verdammt reifes Werk bekommt man selten vorgesetzt. Woher diese (ich sag' mal) Routine?

Hans Platz: Hallo! Vielen Dank, so ein Feedback zu bekommen freut uns natürlich ungemein. Selber weiß man ja nie so genau, ob anderen der Kram so gefällt, den man da produziert. Aber als kleiner Hinweis: Auf dem Demo ist nur ein Song der 2 Jahre alt ist ("No Life"), der Rest ist schon etwas neuer, und soll auch auf das geplante Album kommen.
Die angesprochene Routine bekommt man natürlich nicht von heute auf morgen, aber jeder von uns hat schon vorher in der ein oder anderen Band gespielt. Mit Matthias (dem Basser) mache ich schon seit Ewigkeiten Musik, wir waren zusammen in einer Band namens Cyrus Dance, da stellt sich dann auch eine gewisse Eingespieltheit und Vertrautheit ein (der Song "Virtual" stammt noch aus dieser Zeit). Den Wolfram kennen wir auch schon ewig, und irgendwann war es klar, dass man mal was zusammen machen muss. (grinst)

Matthias Riedl: Ich denke, dass sich die Ideen bewährt haben, nach denen wir die Band vor zwei Jahren gegründet haben: Erstens, es sollte eine Band sein, bei der man hinsichtlich Komposition und Arrangement nicht ständig auf die technischen Fähigkeiten der Musiker Rücksicht nehmen muss. Zweitens, dennoch sollten die Songs im Vordergrund stehen. Solistische Eskapaden mögen wir zwar nach wie vor gern, beschränken sie aber auf die Live-Auftritte. Drittens, es sollte eine kleine Band sein, damit man die teilweise recht viel beschäftigten Musiker regelmäßig zu Proben vereinen kann. Viertens, die Musiker sollten sich gegenseitig mögen. Fünftens: Nur ein Gitarrist. Das reicht.

Squealer.net: Bei aller Routine verfügt das Songmaterial aber auch über die nötige Frische. Das balladeske "Too Dark" mag beispielsweise in der Schnittmenge von 3 Doors Down Konstruktionen liegen, langweilt den Hörer jedoch zu keiner Sekunde. Woher kommt's?

Hans Platz: Hm. Ehrlich gesagt kenne ich 3 Doors Down nur vom Hören sagen. Und Matthias (von dem kommt die Songidee) kennt bestimmt nicht einmal den Namen (grinst).
Aber die Frische kommt meiner Meinung daher, dass wir komplett als Band live im Studio aufnehmen. Drums, Gitarre, Bass, Gesang - alles hier, jetzt und gleichzeitig, ohne Klick/Metronom, um den Song organisch, live und frisch klingen zu lassen. Klar fängt man sich dabei die ein oder andere Temposchwankung ein, aber das ist nur natürlich. Ein paar Overdubs gibt es dann noch, aber das Grundfeeling entsteht durch die Aufnahme komplett als Band. Aber davon abgesehen ist es natürlich etwas schwierig einem Hörer zu erklären warum ihm der Song gefällt (grinst).

Wolfram Kellner: Es langweilt vielleicht halt auch deswegen nicht, weil einfach der Song gut ist ;-)

Matthias Riedl: In der Tat, die Doors waren mir ein Begriff, aber 3 Doors Down …? Im Ernst: Es liegt vielleicht daran, dass unsere Songs das Ergebnis von echter Bandarbeit sind. Zwar bringt meistens einer eine Idee zu den Proben oder ins Studio mit, aber am Ende gehen doch die Erfahrungen und Ideen von vier recht individuellen Musikern in das Arrangement ein. Hans hat schon recht: Die wesentliche Produktionsidee ist, dass wir die Basic Tracks immer live einspielen, auch wenn man bei diesem Vorgehen ein paar Abstriche an der HiFi-Qualität machen muss.

Martin Pirner: Ich denke es ist auch wichtig, dass wir ohne (Zeit-)Druck arbeiten können und so der Spaß an guten Songs im Vordergrund steht.

Squealer.net: Einflüsse. Auch ein ganz essentielles Thema. Im Promobegleitschreiben waren einige aufgelistet, mit denen ich persönlich keine Verbindung zu Sushifarm herstellen konnte. Radiohead? Siebziger Rock? Für mich ist das Ganze eher moderner Natur. Was würdet ihr persönlich als Einfluss, auf den Sound von Sushifarm bezogen, bezeichnen?

Hans Platz: Einflüsse zu Beschreiben sind immer schwierig. Meine letzten beiden CDs waren das jeweils neue Prince und Tool Album. Alles was man hört ist ein Einfluss, das ganze Leben und die jeweils persönlichen Erfahrungen beeinflussen die Art und Weise, wie man Musik macht. Und jeder Zuhörer hört auch die unterschiedlichsten Einflüsse heraus. Im Endeffekt machen wir das was uns Spaß macht, wir denken uns nicht "Ah, lass uns mal einen Song machen, der klingt wie xyz". Solange es in unserer Besetzung funktioniert, spielen wir es.

Wolfram Kellner: Die Kategorien, die Du zitierst, haben wir nicht erfunden, sondern das sind Vergleiche von Zuschauern, Presseleuten oder Promotern, die uns live gesehen haben und dadurch wohl inspiriert wurden. Ich kann mir nur vorstellen, dass der Radiohead-Vergleich die manchmal durchschimmernde Indiewelt in unseren Songs zu beschreiben versucht. Der "Siebzigervergleich" muss aber von unserem Sänger kommen, der unheimlich auf Schlaghosen abfährt (grinst)

Matthias Riedl: Ich kann natürlich nur für mich selbst sprechen, aber damit wenigstens einer eine konkrete Antwort gibt: Miles Davis, Frank Zappa, Prince, Lou Reed, Cure, Placebo, David Bowie, Charles Ives, Incubus, Marilyn Manson, Bootsy Collins, Fugazi, Beck, Radiohead, Carla Bley, Dave Matthews, Ryan Adams, Tom Waits, King Crimson, Propellerheads, Sonic Youth, Spinal Tap.

Martin Pirner: Moment mal, also der "Siebzigervergleich" kommt nicht von mir!!! Schließlich bin ich der einzige in der Band, der nach 1979 geboren wurde und ich lauf auch nicht (mehr) ständig in Schlaghosen herum ;-)

Hans Platz: Na ja, das sagt er jetzt so ...

Squealer.net: Eigentlich erspare ich mir die Frage nach dem Bandnamen, aber wenn jemand seiner Band den Namen Sushifarm gibt, muss ich schon nachfragen. Wer hat sich diesen Namen ausgedacht und warum?

Hans Platz: Diese Frage zu Beantworten überlasse ich Wolfram (grinst)

Wolfram Kellner: Ein guter Bandnamen muss für mich die Fantasie der Hörer herausfordern. Ganz gelungen finde ich es, wenn sich dabei für den Grübelnden neue Bilder ergeben und im Idealfall Assoziationen geweckt werden, die uns zum Lachen bringen.

Matthias Riedl: Ich würde gerne auf die psychologische Tiefe des Bandnamens verweisen: Sushifarm bezeichnet eine dunkle und wissenschaftlich noch kaum erforschte Gegend in der Seele eines jeden Mannes - jenen Ort, an dem man in seinen geheimsten Träumen junge frische Fische roh verspeist.

Squealer.net: Zukunft und Gegenwart bei Sushifarm. Was können wir in diesem Jahr noch von euch bezüglich eines ersten Longplayers (vielleicht sogar ein kleiner Ausblick) und Liveauftritten erwarten. Und worauf möchtet ihr in Zukunft zusteuern? Charterfolge?

Hans Platz: Für den Herbst ist der Release unseres ersten Albums geplant. Aktuell schrauben wir noch an den letzten drei Songs herum, aber ansonsten ist es fast schon komplett fertig. Im Zuge dessen hoffen wir natürlich auf mehr Möglichkeiten Live zu spielen, und evtl. nächsten Sommer das ein oder andere Festival mitnehmen zu können. Charterfolg hin oder her ist mir prinzipiell schnuppe. In erster Linie soll es uns Spaß machen (und das ist echt das Wichtigste - mit Abstand!), dahinter als I-Tüpferl stände dann noch evtl. von der Musik leben zu können - das wäre schon fein (grinst)

Wolfram Kellner: Ich freu mich auf schöne Konzerte in der Zukunft und dass viele Menschen unser bald erscheinendes Debüt mögen.

Matthias Riedl: Natürlich wären wir gerne in den Charts, am besten auf Nummer eins.

Martin Pirner: Ganz klar, wir stürmen die Charts und touren durch die ganze Welt, damit ich noch mehr Schlaghosen kaufen kann ... Spaß bei Seite, man muss einfach mal abwarten, wie unser Debüt-Album ankommt. Hauptsache unsere Zuhörer haben genauso viel Spaß an unseren Songs wie wir, dann werden Auftritte und Fans automatisch mehr.

Squealer.net: Die Musikindustrie beklagt gerne ihre Verkaufsrückgänge und sucht die Schuld beim "bösen" Internet. Meiner Meinung nach hätten junge Bands hingegen ohne das Internet kaum eine Chance entdeckt zu werden. Wie schätzt ihr die Lage ein?

Hans Platz: Oha, ich glaube da wird es bei uns in der Band unterschiedliche Ansichten geben. Persönlich meine ich, dass das Internet tatsächlich eine fantastische Möglichkeit ist, als Band bekannt(er) zu werden. Auf der anderen Seite wird dadurch natürlich das Angebot und die Konkurrenz auch größer - Garageband.com ist da ein gutes Beispiel, was man da an guter Musik findet ist einfach unglaublich. MP3 Downloads generell halte ich grundsätzlich auch für nützlicher als dass sie schaden, und da gibt ja auch die unterschiedlichsten Studien darüber - die einen sagen aus, dass es dadurch der Industrie schlechter geht (und diese Studien kommen auch meist von der MI), die anderen dass es ihr noch schlechter gehen würde ohne MP3s (und noch mal andere sagen dass es ihnen eigentlich sowieso gar nicht so schlecht geht ;) ). Auf der anderen Seite steht natürlich die Wertschätzung, die man Musik gegenüber hat (oder auch nicht). Früher habe ich mir eine Platte gekauft, und auch 20x gehört, wenn sie mir nicht gleich beim ersten Mal gefallen hat. Die Juwelen waren dann die, die einem erst beim 10ten mal gefallen haben. Ob es heute noch viele Leute gibt, die einem Song eine zweite Chance geben - bin mir da nicht so sicher. Und das Internet trägt zu so einer Entwicklung natürlich bei, Musik ist an jeder Ecke frei und schnell verfügbar, das ist meiner Meinung nach eine Kehrseite des ganzen. Früher war das allgemeine Angebot an Unterhaltung halt auch kleiner - da hat man halt sein monatliches Taschengeld für ein Album ausgegeben. Heute gibt es auch viel mehr Dinge für die die Leute Geld ausgeben sollen - Computerspiele, Playstation, Handys, SMS, Klingeltöne etc. und da wird dann halt gespart wo es am einfachsten ist und man kopiert eine CD und kauft sie nicht.

Wolfram Kellner: Also erst mal: Ich steh total aufs Internet, kann mir ein Leben ohne gar nicht mehr vorstellen. Deine Frage ist meiner Meinung nach aber etwas tendenziös formuliert. Das Eine hat nichts mit dem Anderen zu tun. Klar beklagen Firmen Umsatzeinbusen, wenn die von ihnen produzierte und bezahlte Ware auf Tauschbörsen angeboten wird - und die Produktionskosten für ein Album wollen auch erst mal wieder hereinkommen. Das heißt ja nicht, dass es für Newcomerbands keine Umsonstrunterladplattformen geben darf, die freilich ein Gewinn sind. Nur leider geht in der Masse des Angebots halt oft das Juwel im Müll unter. Die Musikindustrie ist für ihre jahrelange Ignoranz dem Internet gegenüber zurecht bitter abgestraft worden. Viele dort arbeitende Menschen haben ihre Jobs verloren, weltweit. Die Musikindustrie hat sich hauptsächlich durch Globalisierungsschritte gerettet. Dadurch gibt es nur noch eine Handvoll Majors, die natürlich nicht die Masse an Bands signen wird, wie es früher mal war. Dadurch sind aber andere Independent Netzwerke entstanden, die es in anderer Form früher auch schon gab und die meistens vor der Industrie gemerkt haben ob eine Band cool ist oder nicht.

Matthias Riedl: Vom Internet habe ich wenig Ahnung. Aber das Hauptproblem für neue Bands ist doch, dass es so wenige Auftrittsmöglichkeiten gibt.

Martin Pirner: Eigentlich wurde ja schon alles gesagt. Generell ist das Internet für "neue" Bands enorm wichtig, denn welche Newcomer-Band erhält schon einen Plattenvertrag oder einen amtlichen Vertrieb nur weil die Demo gut ist?

Squealer.net: Die berühmten letzten Worte gehören Euch!

Hans Platz: Danke für das Interview und das Review! Besucht uns auf www.sushifarm.de, hört euch paar Songs an, und sagt mal 'Hallo' im Gästebuch - freut uns immer, und vielleicht sieht man sich mal auf dem ein oder anderen Konzert!

Wolfram Kellner: Vielen Dank! Das war unser erstes offizielles Sushifarm-Interview!

Matthias Riedl: Sollte das hier ein Veranstalter lesen: Wir würden gerne bei euch spielen. Es kostet auch nicht furchtbar viel Geld.

Martin Pirner: Hat mich gefreut und bis zum nächsten mal, wenn das Album fertig ist!


DISCOGRAPHY:

2004 – Demo
2007 - Eat It Raw

SQUEALER-ROCKS Links:

Sushifarm - Demo (EP) (CD-Review)
Sushifarm - Eat It Raw (CD-Review)
Alle Bandmitglieder von Sushifarm (Interview)


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