Squealer-Rocks.de CD-Review
The Roxx - Ironic Truth

Genre: Hard Rock
Review vom: 13.11.2009
Redakteur: TheMattes
Veröffentlichung: 13.11.2009
Label: Rockville Music



Hosianna! The Roxx sind wieder da! Und haben ein paar echt fiese Lieder zum 25-jährigen Bandjubiläum mitgebracht! Aber vor allem ist ER wieder da! ER nämlich, Mr. Cool persönlich, hat mal wieder kein Blatt vor den Mund genommen. Zwei Jahre nach „Unleash Your Demon“ ist Cheffe Billy Itch wieder stinkig genug auf die Welt da draußen, um eine weiteres unschuldiges Booklet mit nicht ganz so unschuldigen Texten zu entjungfern. Der Sänger und Texter von The Roxx hat für „Ironic Truth“ ein paar Gassenhauer der herberen Sorte entwickelt. Eisern in der Sache, aber ironisch im Ton (was für eine Verarbeitung des Albumtitels!) macht man sich mit solchen Lyrics nicht unbedingt beliebt, aber das war ja noch nie das Anliegen in der Rockmusik, oder? Bei mir dagegen kann man sich damit schon beliebt machen! Und bei allen anderen, die deutliche Texte abseits der üblichen Tralala-Formulierungen zu schätzen wissen. Und nicht gleich beleidigt sind, wenn sie mal selbst von der beißenden Ironie erwischt werden.

Auf „Ironic Truth“ gibt es wuchtigen Hardrock im Metalkorsett zu hören, brachial gedengelt von Gitarrist Bernd Intveen und Bassist Chilli Beanham, der mächtig Spassinnnebacken macht. Unterstützt werden sie vom hervorragenden Minimal-Drummer Fred Sudden, während der extrovertierte Billy Itch die ausgehungerten Massen unterhält.

Herzlich willkommen also in der Welt von The Roxx, die mit „Ironic Truth“ (eigentlich „IRONic TRUTH“, aber von wegen der Schreibkonventionen bei squealer-rocks, ihr versteht...?) nach „Unleash Your Demon“ von Zweitausendsieben (reim dich oder ich fress dich!) wieder mal beweisen, dass man tollen Hardrock auch mit ebensolchen Texten versehen kann, die den Spaß an der Sache dann nochmals steigern. Bei The Roxx und Billy Itch gibt es auf „Ironic Truth“ eine Menge köstlichen Textes, den zu lesen und an zu hören es sich definitiv lohnt.
Aber der Reihe nach....

The Roxx wurden vor 25 Jahren gegründet und galten immer als die Exoten der Szene. Denn neben den üblichen Trademarks jeder Hardrockband, harte Riffs, eingängige Hooklines und mehrstimmige Vocals, gab es immer mehrere Dinge, die The Roxx aus der Menge herausragen ließen und auch heute noch herausragen lassen.
Erstens die Begeisterung für musikalische Experimente wie Klangsamples, Synthesizer, Streicher oder exotische Saiteninstrumente aus dem Orient. Sie spielten mit einer Dixieland-Band mit Banjo und Klarinette oder einem Rapper. Sie köderten den ahnungslosen Zuhörer mit netten Melodien und Hooklines, nur um ihn damit quasi weich zu kochen für die ironischen Texte mit viel Provokationspotential, wo es ohne zwischen den Zeilen zu „lesen“ meist nicht geht.
Zweitens waren es die aufwendigen Liveshows, die mit ihren provokanten Einlagen den exotischen Charakter von The Roxx zementierten. Der Schlagzeuger verwendete z. B. nur ein einziges Becken hinter dem Kopf oder sie ließen den Kopf des als Androiden gestylten Gitaristen mal so eben platzen.
Drittens wurden die Platten z. B. in Luftblasenfolie verpackt und kamen (jetzt müssen wir alle ganz stark sein!) zumindest einmal OHNE Gitarrensoli aus oder sie waren in einem Pizzakarton verpackt, mon Dieu! Songs wie „Boy Bitch“ und „On The Roxx“ (1988) machten die Band in der Münchener Region zu Helden der lokalen Rockszene. Und die Zukunft sah rosig aus.

Aber kurz vor Abschluss der Aufnahmen zum dritten Album „Chills Down Your Spine“ im Jahr 1988 verstarb überraschend Gitarrist Animale (alias Hermann Jankowitz, auch Gitarrist der zweiten namhaften Münchener Heavyrockband RAILWAY). Sein Nachfolger wurde Alex Gaitanides, aber „Chills Down Your Spine“ blieb unveröffentlicht. Stattdessen erschienen 1990 „Sex & Roxx & Rock `n Roll“ und „Sex & Roxx & Rock `n Roll Part II“.
Die Single-Auskopplung „Wild Thing“ (Coverversion des berühmten Songs von The TROGGS aus dem Jahr 1966) wurde ein Diskotheken-Hit.

Schlussendlich sollte 1995 „Dominator“ erscheinen, aber Grunge und HipHop hatten ihren Siegeszug angetreten und waren extrem angesagt. Daraufhin beschlossen The Roxx, eine längere Auszeit wäre jetzt ebenfalls extrem angesagt. Erst nach elf Jahren war die kleine Rast beendet und es begann 2006 mit einer Live-DVD, aber der wirkliche Hammer war dann die 2007 veröffentlichte Studioplatte „Unleash Your Demon“, mit dem Review von mir, wo ich mich schier überschlagen habe.

Die aktuelle Veröffentlichung nun heißt „Ironic Truth“ und zeigt, dass Billy Itch und seine Mannen nichts verlernt haben, eher besser geworden sind. Gitarrist Alex G. wurde aber schon vor Beginn der Produktion von Bernd Intveen ersetzt, der dem Sound von The Roxx noch mehr brachiale Power verleiht. Zusammen mit dem „neuen“ Bassisten Chilli Beanham (was für ein Name!) bilden die beiden die unwiderstehliche Saitenfraktion bei The Roxx, die den Songs noch mehr metallisches Wuppdich verleihen, allerdings ohne die Melodien zu vernachlässigen.

Der Spaß beginnt schon mit dem schnellen „I Found God“, einem Kracher vor dem Herrn, mit scharfen Riffs, fettem Bass, treibenden Drums und einer melodischer Hookline der schönen Sorte, von Billy Itch in unnachahmlicher Manier zu Gehör gebracht. Es geht um GOTT, den HERRN, der dem Erzähler weinend sein Herz ausschüttet, denn ER, GOTT der HERR, hat gesehen, das mit seiner Kreation auf Erden wahrlich nicht alles rund läuft. Da hilft auch `ne ganze Schachtel Aspirin nicht mehr, sondern nur noch, den ganzen Mist das Klo runter zu spülen. Genial! Dem wäre ich geneigt, zu zustimmen!
„Epiphany (Revolt)“ ist langsamer, aber nicht minder feurig. Wieder geht es um den ganzen Mist, der hier so abläuft und gegen den nur eine weltweite Revolte helfen könnte. Ruhige Parts mit Gitarre und Bass wechseln sich ab mit harten Riffs und dröhnendem Groove, eingebettet in mehrstimmigen Gesang. Wunnebar!
Noch besser unter sehr guten Songs ist „Stake For The Pope“ mit seinem treibendem Groove, wo es um den Papst geht, der sich weit von JESUS und seinem ursprünglichen Absichten entfernt hat. Sehr abwechslungsreich und mitreißend.
„If Time Stood Still“ bringt alles bei mir noch mehr zum Wippen und meine Laune steigt. Hier geht es darum, was man machen würde, wenn unsere Wünsche wahr werden würden. Ein doch sehr aus männlicher Sicht geschriebener Song, mein lieber Scholli! Ein paar Stichworte: Jay Lo, chainsaw, arch enemy, Fort Knox, best friend`s chick, Pamela Anderson (ihr wisst schon...eine Insel mit zwei Bergen!). Herrlich!
„Knock On Metal“ macht weiter mit vielfältigem und hartem, metallischem Hardrock und mittlerweile grinse ich fast im Kreis, nur meine Ohren sind mir noch im Weg. Textlich geht es gegen das Schubladendenken in unserer Musik, denn unabhängig vom Genre sind wir doch alle Metalheads, oder nicht? Naturellement, mes amis!
In „Jack Plugsafe“ werden die Metaphern ausgepackt, dass es nur so eine Freude ist. Was wohl hiermit gemeint ist: „You better equip your chopper, if you intend to park in a dark garage” oder kürzer “do it but safe”? Musikalisch ist natürlich immer noch alles beim Alten, aber Besten, was The Roxx zu bieten haben und die Empfehlung, Kondome zu benutzen, kann ich nur unterstützen, denn ich habe drei Kinder. Genau genommen geht es um die noch immer bestehende Gefahr, sich ohne Lümmeltüte mit HIV anzustecken. Deshalb ist höchste Obacht angesagt!
„I Love To Hate“ thematisiert den Hass auf alles Schlechte in der Welt, weil man nur dann die guten Dinge des Lebens lieben kann! Jawoll! Geiler Groove mit weiblichem Chorus und Streichern, die den Song fast ein wenig goth machen. Erinnert an ASP!
In „No Scruple No Shame“ wendet sich Billy Itch mit rauer, tiefer und eindringlicher Stimme gegen diese Schmeißfliegen der modernen Mediengesellschaft, dieses Gewürm mit Zoomobjektiven, die Papparazzis. Und das zu Recht, beim Teutates!
„By The Crack Of The Whip“ zeigt mit krachendem Rock, was man mit so `ner Peitsche alles anstellen kann. Der Text könnte als frauenfeindlich interpretiert werden, aber eine solche Definition würde mal wieder zu kurz greifen. Der Text sagt nur die Wahrheit über Menschen, die es auf die harte Tour lieben. Fragt mal euren Psychiater!
„Father“ beginnt mit bummernden Herztönen und leiser Stimme zur Gitarre, aber der stampfende Rhythmus ist nicht mehr weit und dieser Song ist der hervorragende Schlusspunkt mit den fragenden Gedanken eines noch Ungeborenen im Mutterleib zu seiner Zukunft draußen in der Welt. Darauf muss man erstmal kommen! Bewegende Melodie trifft auf starken Text.
Die eiserne und zugleich ironische Wahrheit ist folglich, dass man durchaus die Probleme und Defizite dieser unserer Welt ansprechen kann, OHNE wieder sämtliche Klischees vor dem dann gelangweilten Zuhörer auszubreiten. Die Lyrics auf „Ironic Truth“ sind darum meilenweit von jenem Geblubber entfernt, das oft ausgebrütet wird, nur damit der Sänger was zu tun hat und die Melodielinie nicht fehlt (obwohl das dann manchmal besser wäre!).

Zu dem Bassisten: Klasse! Ich wusste gar nicht, dass Billy noch einen neben sich herlaufen hat, sozusagen. Aber immer noch besser, als völlig allein, sag ich immer!

“Ironic Truth” von The Roxx bietet also intelligenten, abwechslungsreichen, originellen Hardrock im Metal-Gewand mit ebensolchen Texten. Die meisten Songs haben das Zeug zum Mitgrölen und Ohrwurmcharakter. Und wer die nicht-metallischen Anteile wie Geige, Cello, Dudelsack und orientalischer Saz überhört haben sollte, muss sich „Ironic Truth“ dann eben noch mal anhören!

Anspieltipps: ALLES!

Außerdem gibt’s das Ganze nicht nur im Digipak, sondern auch zwischen zwei verschraubten Metallplatten als Limited DoppelCD Edition plus Live-CD, nummeriert und signiert nur bei Rockville.


Track list:
1. I Found God 4:35
2. The Epiphany (Revolt) 5:02
3. Stake for The Pope 3:41
4. If Time Stood Still 4:12
5. Knock On Metal (Stop to pidgeon-hole somebody) 3:14
6. Jack Plugsafe 4:16
7. I Love To Hate 3:40
8. No Scruple No Shame 4:17
9. By The Crack Of The Whip 4:04
10. Father 4:46


Line-up:
Billy Itch – vocals
Bernd Intveen – guitar
Fred Sudden – drums
Chilli Beanham* - bass *Billy’s metal broTher and alter ego

DISCOGRAPHY:

1986 – Sugar And Spice
1988 – Watch Us Cum
1990 – Sex & Roxx & Rock n’ Roll Part I
1991 – Sex & Roxx & Rock n’ Roll Part II
1991 – Wild Thing (Maxi-Single)
1992 – No Sole Messiah!
2007 – Unleash Your Demon
2008 - The Roxx History - Decade One 1984 - 1994 (Doppel-CD)
2008 - Unleash The Demon - The Reunion Show 2006 (DVD)
2009 - Ironic Truth
2013 - To Heaven With Hell

SQUEALER-ROCKS Links:

The Roxx - Unleash Your Demon (CD-Review)
The Roxx - History - Decade One 1984 - 1994 (CD-Review)
The Roxx - Ironic Truth (CD-Review)
The Roxx - To Heaven With Hell (CD-Review)

The Roxx - Unleash The Demon-The Reunion Show 2006 (DVD-Review)

The Roxx und Bonnet/Taz Taylor Band - Zeche Bochum (Live-Review)Pretty Maids - Nürnberg, Hirsch (Live-Review)THE ROXX und PRETTY MAIDS - Bochum, Matrix (Live-Review)

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