Squealer-Rocks.de CD-Review
Kaipa - Vittjar

Genre: Progressive / Folk Rock
Review vom: 27.08.2012
Redakteur: maddin
Veröffentlichung: 24.08.2012
Label: Inside Out



Der Vorgänger „In the wake of evolution“ war anno 2010 im damals noch existenten „Squealer-Rocks Jahresrückblick“ mein „Album des Jahres“, und läuft bis heute – ungelogen - mindestens einmal pro Woche mit seinem erhabenen und faszinierenden Sound in meine ungewaschenen Lauscher. Damit dürfte die Erwartungshaltung klar sein.
Und nun sitze ich hier unterm Kopfhörer und heule – wie einst im März 2010!
Vor allem das gigantische Genie von Kaipa Kopf Hans Lundin ist es, was mir die Pisse in die Glotzer schießen lässt.
Wieder - eigentlich wie erwartet – hat es der Schwede geschafft, alle Trademarks seines progressiven All Star Projekts beizubehalten und sich trotzdem nicht zu wiederholen.

In mancherlei Hinsicht klingt der Neuling anders als der Geniestreich von vor 2,5 Jahren.
Doch geblieben sind die Harmonien, die definitiv nicht von dieser Welt sind; geblieben sind die grandiosen Darbietungen von Aleena Gibson, die mal niedlich, mal rotzig, aber immer höchst faszinierend singt, und von Patrick Lundström, der immer noch der definitive Freddy Mercury Nachfolger ist; geblieben ist das hochmelodiöse und ergreifende Lautenspiel des Scar Symmetry Gitarristen Per Nilsson; geblieben ist der hohe Anteil an schwedischem Folk.

Tja, wenn so viel im Vergleich zum '10er Output geblieben ist, was hat sich dann geändert? Nun, auch so einiges.
Zunächst mal ist es neu, dass Kaipa ihr Werk mit einem gut 3 – minütigen Instrumental beginnen, das eine herrliche Melange aus Folk, Prog und saftigen Heavy Tunes ist.
Trotz dieses extrem eingängigen Intros braucht das Album auch mit seiner leichtfüßigen Atmosphäre und den unwiderstehlichen Melodiebögen eine längere Anlaufzeit und bietet streckenweise wieder etwas mehr rein progressive Kost, incl. jazziger Jam Sessions.
Die jedoch sind niemals überpräsent, sondern werden stets in den Longtracks verbraten.
Beim 12 - Minüter „Lightblue and green“ funktioniert das wunderbar, da sind die „Frickel - Parts“ absolut spannungsfördernd. Bei der Mini – Oper „Our silent ballroom band“, mit 22 Minuten der längste Song, empfinde ich persönlich die Spielereien im Mittelteil jedoch als beinahe störend.
Die Prog - Puristen dagegen wird’s freuen – so unterschiedlich sind eben die Geschmäcker.

Der dritte und kürzeste der Longtracks (10,33 Min.), „The crowned hillsides“, ist dagegen nahezu „frickelfrei“ und ist nichts weniger als ein akustischer Spielfilm, der zwischen hartem Rock und 70er Prog schwankt und seine Krönung durch den wechselnden weiblichen / männlichen Gesang erfährt.
Die „kurzen“ Lieder sind, wie gehabt, so eingängig, dass die Puristen schon von Pop sprechen. Der Titelsong ist eine reine Folk Nummer, die zudem in schwedisch gesungen ist.
STOP! Natürlich ist es nicht reiner Folk, dann wäre es nicht Kaipa. Wenn gegen Mitte des Tracks die Violine von der Gitarre abgelöst wird und man kaum einen Unterschied bemerkt, dann weiß man, hier sind wahre Künstler am Werk.

Das 7 - minütige „Treasure house“ bietet zunächst lockere Kost und erinnert ein wenig an Genesis der Neuzeit, bevor ein typischer Kaipa Chorus das Ding zurück nach Skandinavien holt.
Auch in „A universe of tinyness“ spielt die Geige zunächst die ….ähhhh...erste Geige. Es gibt schön rockigen Folk - Rock zu hören, bevor das kleine akustische Gemälde, getragen von der wunderbaren Stimme der bezaubernden Aleena Gibson, in getragene Erzählgefilde abdriftet, nur um dann wieder in eine „HOCH DIE TASSEN“ Stimmung zu verfallen.

So, liebe Leute, damit wären wir schon durch. Ging doch flott diesmal, oder? Das Outro erspare ich Euch, ist eh geil.
Ja, geil ist auch „Vittjar“ geworden. Nicht ganz so geil wie „In the wake...“, aber verdammt nahe dran.
So bleibt mir nur die lautstarke Empfehlung, dass Kaipa für Prog Fans genauso interessant wie für Freunde des „simplen“ Rocks sind – und die Anhänger von Folk werden sich auch wundern, wie vielseitig man diese Mucke gestalten kann.
Im Grunde „Fusion - Rock“ im Wortsinn, nur lange nicht so anstrengend wie man denkt.
GRANDIOS!!!



Tracklist:
1. First Distraction
2. Lightblue And Green
3. Our Silent Ballroom Band
4. Vittjar
5. Treasure-House
6. A Universe Of Tinyness
7. The Crowned Hillsides
8. Second Distraction

Line Up:
Hans Lundin: Keyboards, Gesang
Per Nilsson: Gitarre
Morgen Agren: Schlagzeug
Jonas Reingold: Bass
Patrik Lundström: Gesang
Aleena Gibson: Gesang

DISCOGRAPHY:

1975 - Kaipa
1976 - Inget nytt under solen
1978 - Solo
1980 - Händer
1982 - Nattdjurstid
2002 - Notes from the Past
2003 - Keyholder
2005 - Mindrevolutions
2007 - Angling Feelings
2010 - In the Wake of Evolution
2012 - Vittjar
2014 - Sattyg

SQUEALER-ROCKS Links:

Kaipa - Mindrevolutions (CD-Review)
Kaipa - Angling Feelings (CD-Review)
Kaipa - In the Wake of Evolution (CD-Review)
Kaipa - Vittjar (CD-Review)
Kaipa - Sattyg (CD-Review)

SONSTIGES:

BANDHOMEPAGE
Diesen Beitrag im Forum diskutieren