Squealer-Rocks.de CD-Review
RPWL - The RPWL Experience

Genre: Progressive Rock
Review vom: 22.02.2008
Redakteur: maddin
Veröffentlichung: 29.02.2008
Label: Inside Out



Verdammt noch mal! Da habe ich mich auf meine alten Tage doch glatt nochmal so richtig fett verknallt!
Klar, profane, pseudo – lustige Einleitung, aber anders kann ich kaum ausdrücken, mit welcher Wucht mich die neue Scheibe von RPWL ins musikalische Herz getroffen hat. Ausgerechnet die Band, die mich noch nie so recht vom Hocker hauen konnte, schmettert mich mit diesem genialen Stück Musik schier zu Boden. Die süddeutschen Progger galten stets als germanisches Gegenstück zu Pink Floyd, was meine geminderte Begeisterung auch begründet, war ich doch nie ein großer Fan der Überband mit dem fliegenden Schwein. Insofern obliegt es mir auch nicht zu beurteilen, inwieweit die Bajuwaren auf dem aktuellen Output den alten Helden huldigen, und bevor ich mich hier weiter ins sprachliche Prog - Nirvana verirre, beschreibe ich lieber step by step, bzw. Song für Song weshalb diese CD eigentlich aus Gold sein müsste.

Der knapp 10 – minütige Opener „Silenced“ klingt zunächst mal ungewohnt hart. Bei einem Text der Sorte „Krieg und hungernde Kinder“ auch kaum verwunderlich. Nimmt man das prägende und sägende, teils verstörende, einrahmende Riff aber mal aus, bleibt ein ungemein kurzweiliges, episch wirkendes Meisterwerk übrig, das mit seinen Melodien paradoxerweise angenehm verzaubernd ist.

Weniger dramatisch, eher entspannend, wirkt da, ganz dem Titel entsprechend, „Breath In, Breath Out“. Noch nie war Zurücklehnen so schön! Sänger Yogi Lang's Stimme wirkt hier fast schon hypnotisch, dabei jedoch einfach ... wunderschön.
Genauso schön geht es weiter: Beatles, Flower Power -- dieses ganze Zeug halt bietet „Where Can I Go“. Gut – das macht mittlerweile jede Prog Band, die was auf sich hält. Die wenigsten kriegen aber solche Harmonien wie RPWL hin. Der Clou: Bei aller Beschaulichkeit verliert der Track niemals den Rock Charakter. Die zweite Hälfte wirkt sogar regelrecht aggressiv.
Allein der Titel von Song Nr.4, „Master Of War“, sollte klar machen, dass die grobe textliche Richtung dieses Albums nicht gerade von Ferienfahrten zum Gardasee handelt. Überhaupt: die komplette Dramatik dieses sich langsam aufbauenden Tracks funktioniert – aller musikalischen Klasse zum Trotz – erst dann, wenn man sich den Text dabei quasi einverleibt. Und – es sei mir verziehen – hier höre selbst ich Parallelen zu Pink Floyd raus.

Wie wichtig die Texte sind, auch wenn es mal in die andere Richtung geht, davon gibt uns die Gute - Laune- Nummer „This Is Not A Prog Song“ ein fröhliches Beispiel. Soviel Selbstironie würde ich gerne so mancher Band aus Schweden wünschen. Prog kann Spaß machen, sogar richtig!
Musikalisch klingt das dann wie etwas, das man sich in kurzen Hosen auf der grünen Wiese mit einem Bier in der Hand anhört. Also in etwa so, wie die Beach Boys auf Rock und in Gut! Oder wie die Ramones in Prog! Oder so...
Weitaus getragener, fast schon spacig, schwebt uns dann „Watch Myself“ entgegen. Ein bisschen unauffällig, diese Nummer. Eher entspannend, warum auch nicht?
Das Intro zu „Stranger“ holt uns dann wieder ganz schnell auf den Boden der von Kriegen zerstörten Erde zurück. Eine sehr dramatische Nummer mit harten Riffs und einer sehr beklemmenden Atmosphäre. Ähnlich wie beim Opener ist es auch das Gleichgewicht zwischen Aggressivität und extrem schönen Melodien, das diesen Song zu einem Erlebnis werden lässt.
Unbeschreiblich, eigentlich

„The River“ fließt dann gemächlich, ja fast langweilig, an mir vorbei. Das ist dann wohl die Stelle, an der die Pink Floyd Fans aufhorchen sollten. Sorry, aber für meine unwürdigen Ohren fast ein Totalausfall, diese öde Ballade mit extrem einschläferndem Mittelteil.
Dafür geht dann aber bei „Choose What You Want To Look At“ gehörig die Post ab! Vorhin hatten wir die Ramones auf Prog, diesmal heißt es: die Bloodhound Gang und Poison haben gelernt Instrumente zu spielen und donnern eine Hymne vor dem Herrn runter. Dazu ein Keyboard Solo mit Ed Wood Flair! Wie geil muss man sein, um so eine Nummer dermaßen professionell zu bringen?
Von jeder Band hätte ich solch eine Party Nummer, die eigentlich eine Parodie ist, erwartet. Nur nicht von RPWL! Was ist los, meine Herren?
Die Begeisterung lässt auch beim tragenden Abschluss „Turn Back The Clock“ nicht nach. Ganz richtig können die Männer echt nicht ticken! Eine fast akustische Halbballade die, teils folkig, teils episch, selbst Sagas Abschiedssong „10.000 Days“ in den Schatten stellt (und auch latent an eben Diesen erinnert). Nicht mehr in Worte zu fassen!

Den Titel für die beste Prog Platte 2008 haben RPWL schon im Februar sicher.
Das Problem: sie behalten diesen Titel bis...ja zumindest solange, bis sie noch so ein Album veröffentlichen.
Kaum in Worte zu fassen; muss man einfach hören!

Tracklist:
1.Silenced
2.Breath In, Breath Out
3.Where Can I Go
4.Master Of War
5.This Is Not A Prog Song
6.Watch Myself
7.Stranger
8.River
9.Choose What You Want To Look At
10.Turn Back The Clock

Line Up:
Yogi Lang – Gesang, Keyboards
Karlheinz Wallner – Gitarre
Chris Postl – Bass
Manfred Müller – Schlagzeug

DISCOGRAPHY:

2000 - God has Failed
2002 - Trying to kiss the Sun
2003 - Stock
2005 - World through my Eyes
2005 - Live – Start the Fire
2008 - The RPWL Experience
2010 - The Gentle Art of Music

SQUEALER-ROCKS Links:

RPWL - Live- Start The Fire (CD-Review)
RPWL - The RPWL Experience (CD-Review)
RPWL - The Gentle Art of Music (CD-Review)
RPWL - Beyond Man and Time (CD-Review)
RPWL - Wanted (CD-Review)

SONSTIGES:

BANDHOMEPAGE
Diesen Beitrag im Forum diskutieren